Autorenarchiv

Nu aber flott…

Mittwoch, 28. April 2010

Beaufort, NC, 28. April ’10

Ich kann nur kurz schreiben, da uns die Zeit davon läuft.

Den verregneten Sonntag haben wir lesender weise zur Regeneration genutzt. Und seit zwei Tagen schleifen wir wie die blöden. Es dauert leider etwas länger als wir erwartet haben. Meine zarten Interlektuellenhände haben durch das Drahtbürstengeschrubbe kaum noch die Kraft ein

Schleifen, schleifen, schleifen…

Feuerzeug einhändig zu bedienen und dem Skipper faulen die Sehnen und Bänder weg durch die Dauervibration des Schwingschleifers. Meine wiederholten Ausflüge zum Drucker, der erst die Termine nicht eingehalten hat und jetzt auch noch das Kunststück vollbracht hat „Hamburg“ falsch zu schreiben sorgen nicht gerade für einen Zugewinn an Zeit. Das er „Daddeldu“ in zwei Worten gedruckt hat habe ich ja noch an Ort und Stelle reklamiert aber mit „Hanburg“ habe ich echt nicht gerechnet. Auch meine Insektenstiche von letzter Woche sind nach wie vor Aktiv. Die Cortisoncreme hilft zwar ein wenig, aber ich sehe immer noch aus wie ein mittelschwerer Neurodermitisfall und nutze hier die Möglichkeit euch mein persönliches Leid zu klagen.

Viel zu tun. Am Montag Sliptermin. (Für David: Das heißt das Schiff wird zu Wasser gelassen.)

Henning

Sunday, monday,…

Dienstag, 27. April 2010

Heute war nix los. Bei euch ja offensichtlich auch nicht.

Bis nächste Woche.
Henning

All you can eat…

Sonntag, 25. April 2010

Beaufort, NC, 25. April ’10

Es ist Sonntag morgen und hat sich hier richtig schön eingeregnet. Der Wind pfeift in den Wanten und die Geräuschkulisse ist beinahe wie auf See. Aber das soll mich nicht stören, das Internet läuft zur Abwechslung mal und so kann ich den Vormittag mit schreiben und lesen verbringen.

Nachdem ich gestern Morgen erst sehr spät mit der Arbeit begann, demontierten wir die letzten Beschläge in der Plicht. Alles Vorbereitungen für die…?…
Richtig! Die Malerarbeiten.

Wie, inzwischen, immer dabei, unsere Freunde die Gewitterfliegen. Mittlerweile gibt es hier auch Bremsen und anderes Fluggetier. Ich glaube es wird hier langsam Sommer und da ganz Carolina ein einziger Sumpf ist, ist es eigentlich nur logisch, wenn auch Mücken diese optimale Kinderstube für ihre Brut nutzen. Da werden wir auf dem Intra-Coastal-Waterway wohl noch viel Spaß haben. Aber ihr seht, wir sind in Gedanken schon fast im Wasser.

Ganz viele Fliegenbisse. Und das war Sa morgen. Inzischen sieht es schlimmer aus und juckt wie verrückt.

Nach meinem eher mageren Fruhstück, Müsli mit Banane, hatte ich natürlich schon bald wieder Hunger. Und da der Skipper noch mit dem Schleifen und Streichen des Backskistendeckels beschäftigt war machte ich mich an die Zubereitung eines herzhaften Lunches. Die letzten Scheiben Dosenbrot mit dick Butter, und Spaghettireste mit viel Speck (…mhhh, Speck…) angebraten. (Ihr seht schon, es wird kulinarisch heute.)

Nach dem Essen baute ich dann den Petroleum Tank von unserem Herd aus um ihn zu entrosten und neu zu verzinken. Aber so richtige Arbeitslaune kam bei uns beiden nicht auf an diesem Samstag. Jens ging rüber zu Dan um ihn zu fragen wo wir denn Teakholzleisten kaufen können, wir hatten ja drei durchgebrochen als uns der Motor auf der Sitzbank in der Plicht umgekippt ist. Leider war Dan nicht da. Aber als Jens gerade zurück war, kam Bill vorgefahren. Der hat uns auch sagen können wo man wahrscheinlich so was kriegen kann, wollte aber nochmal in seinen Holzvorräten gucken ob da nicht was Passendes dabei ist. Nach einigem Suchen fand er dann tatsächlich ein passendes Teakbrett. Mit Hilfe von Tischkreissäge und Dicktenhobel waren daraus schnell 3 passende Leisten gemacht. Als Lohn wollte er gerne bei Gelegenheit ein deutsches Bier und falls er mal nach Hamburg kommt auch den einen oder anderen Gefallen. Unsere Kneipenkontakte zahlen sich eben aus.

Wir hatten aber jetzt beide keinen Bock mehr zu arbeiten und wie aufs Stichwort fing es an zu regnen. Also das Werkzeug weg gestaut und Feierabend. Nach der Dusche mit Rasur (der Sonntag steht bevor und den Seemannsbart bewahre ich mir lieber für den Atlantik auf) auf nach Beaufort zum Baumarkt, Kleinkram besorgen. Dann weiter zu Food-Lion um unsere Vorräte auf zu stocken. Wir haben uns gleich am Anfang eine Most-Valuable-Customer-Card ausstellen lassen. Damit sparen wir pro Einkauf n knappen 10er. Aber geschickt wie wir sind haben wir den Zettel mit unseren Daten nicht abgegeben. Die Karte funktioniert trotzdem und wir sind sicher vor Werbung und Datenbanken über unser Konsumverhalten. Auf dem Parkplatz dann schnell noch eine kleine Zwischenmahlzeit eingeschoben. Schokodonuts mit Cremefüllung. Sehr lecker und das bei höchstens 2000 Kalorien pro Stück.

Nach so viel Zucker musste nun aber doch was herzhaftes her. Also ab in die Handle-Bar. Eine kleine Partie Billard, ach ne das heißt ja Pool, und ein gezapftes Bierchen. Mittlerweile hat auch der Letzte mitbekommen, dass wir aus Deutschland sind und am Schiff arbeiten. So werden wir immer gleich als erstes gefragt wie weit wir denn sind und wie lange wir noch bleiben. Dass wir quasi ganz alleine die Maschine gewechselt haben hat überall großen Eindruck gemacht und die ganzen Schrauber und Schiffer haben ganz schön Respekt vor uns. Aber das ja wohl auch zurecht. Egal, auf jeden Fall werden wir dauernd angequatscht und man erzählt uns die eigenen Erfahrungen mit Deutschland. Z. B. ist vor ein paar Tagen auf dem Sportflughafen von Beaufort eine russische Yak gelandet. Mit einem finnischen Piloten der in schwarz-rot-gold gekleidet war. Das ist schon ziemlich deutsch, oder nicht?
Da keine Schiffer da waren und wir essen gehen wollten holten wir uns Restaurant-Tips. (Ich wollte meinen Vater einladen, da ich Anfang der Woche per Mail erfahren habe, dass meine staatliche Anerkennung als Diplom Sozialpädagoge zur Abholung bereit liegt. Und das ist doch Grund zum feiern, wenn man mit 30 Jahren die erste Berufsausbildung abgeschlossen hat.) Uns stand der Sinn nach einheimischem Seafood. Am besten frisch und nicht aus der Tiefkühltruhe. Das könne man komplett vergessen, so die einhellige Meinung. Nach ein bisschen hin und her wurden dann aber doch drei Restaurants der mittleren bis oberen Kategorie gefunden, die frische, einheimische Produkte anbieten.

Wir also wieder ins Auto und ein wenig cruisen. Wir wollten uns die Läden erst mal von außen ansehen. Was wir dann zu sehen bekamen erschrak mich doch ein wenig. Beaufort ist am Wochenende überlaufen von Schickeriapack. Typen mit dickem Wagen und rosa Hemden, die ihre Tussis auf gefährlich hohen Schuhen ausführen. Da wollten wir jetzt nicht unbedingt dazwischen sitzen. Aber einer der Restaurant-Tips, das Net-House, sagte uns zu. Die seien berühmt für ihre Soft-Craps, und da gerade Saison für diese Tiere ist beschlossen wir hier einzukehren. Soft-Craps sind Krebse die sich gerade gehäutet haben, so das der Panzer noch ganz weich ist und man sie mit Haut und Haaren essen kann. Das Net-House ist ein rustikal eingerichtetes Fisch-Restaurant wo jetzt nicht nur Schnösel verkehrten. Die Bedienung war sehr nett und nicht ganz so nervig (is everything allright?) und unfähig wie der Durchschnittskellner in Amerika. Und das Essen war auch sehr lecker. Wir hatten zur Vorspeise Angels on Horseback. Das sind frittierte Austern im Speckmantel mit Zitrone und Meerretichdip. Ich hatte in meinem Leben bisher nur einmal Austern, und die haben wir vor Wangerooge selbst gesammelt. Aber diese Art der Zubereitung war zwar ganz lecker, kam mir aber wie die reinste Verschwendung vor, da man kaum noch was von der Auster geschmeckt hat. Nun ja selber Schuld, wer so was bestellt. Zum Hauptgang gab’s dann stuffed soft-craps mit geschmolzener Butter und Scallops panned in butter (was aussieht und schmeckt wie Tintenfischarme in Scheiben, aber wohl Kammmuscheln sind). Als Beilage hatten wir einen Salat und ne Backkortoffel mit sour-creme und Butter. Wir haben uns alles geteilt und es hat wirklich gut geschmeckt aber das eindeutig Beste war die Kartoffel. Da wir das Gefühl hatten heute noch nicht ausreichend gespeist zu haben, insbesondere die Butter kam zu kurz, gabs noch ein dickes Stück Torte zum Dessert.

Gegenüber vom Net-House war ein großes Festzelt aufgebaut und es gab Live-Musik. Leider hätte man im Vorverkauf 50$ abdrücken müssen um dort eingelassen zu werden. Das war uns dann doch zu viel und so beschlossen wir noch einmal zum Wasser zu bummeln. Im Dock-House (wo wir in der ersten Zeit öfter Burger essen waren) war auch Live-Musik, ohne Eintritt und direkt am Wasser. Ein kleines Bier wollten wir uns da noch gönnen, sind aber beide fast im sitzen eingeschlafen. Totale Fressnarkose kombiniert mit einer weiteren Woche Arbeit in den Knochen. Außerdem war es schon fast zehn, also schnell in die Koje…

Schönen Sonntag noch.

Henning

Neues vom Zinker…

Samstag, 24. April 2010

Beaufort; NC, 24. April ’10

Es ist Samstag morgen 0900 und ich lasse heute mal ein wenig ruhiger angehen. Ich trinke gerade meinen Kaffee und wollte statt Zeitunglesen eigentlich schön ins Netz. Leider hat unser w-lan Anbieter sich für heute mal eine neue Fehlermeldung ausgedacht und ich kriege überhaupt keine Verbindung. So ist es eben. Aber ich kann ja auch offline schreiben.
Da fällt mir ein ich zeige euch mal einen Link vom neuen Lieblingsrapper des Skippers. Pigor, heißt der gute Mann und ist echt ganz lustig.

http://www.youtube.com/watch?v=xTorchdVl5c

Aber zurück zum Tagesgeschäft: Jens ist zu West-Marine gefahren um noch einige Farben und Rollen für unseren großen Staatsstreich nächste Woche zu besorgen. Wenn er wieder kommt geht’s hier mit schleifen weiter.

Ihr fragt euch sicherlich schon, was war denn gestern los im Land der unbegrenzten Möglichkeiten?
Morgens fuhr ich nach Beaufort um einigen Kleinkram zu besorgen und neue Folien für den Schiffsnamen in Auftrag zu geben. Ich habe mich tapfer durch ca. 4000 Schriftarten gescrollt und es hat mich sehr in den Fingern gejuckt das Schiff umzubenennen. „Else Kling“ in Frakturschrift war mein Favorit. Aber da es ja Unglück bringen soll ein Schiff umzutaufen habe ich mich dann angesichts des bevorstehenden Törns doch nicht getraut. Wenn der Drucker alles richtig macht, haben wir am Montag wieder einen sehr konservativen Daddeldu Schriftzug in weiss. Auf dem Rückweg habe ich noch meine Ideen zur Verbesserung des Speiseplans in Form von Ben&Jerry Eiscreme und fangfrischen Shrimps umgesetzt. An der Landstraße steht hin und wieder ein Fischer der seine Meeresfrüchte von der Pick Up Ladefläche verkauft. Die sollte es dann zum Abendbrot geben.

Zurück am Schiff wieder rein in die Arbeitsklamotten und weiter mit Schleifen und Zinken. Zwischendurch noch Mittag. Zur Abwechslung mal wieder Hot-Dogs, und weiter geht’s. Jens mit dem Exenterschleifer am Rumpf und ich an Deck mit Stahlwolle. Gegen 1700 war ich dann einmal rum und habe Feierabend gemacht. Jens hat noch ne Stunde länger gemacht und als er aus der Dusche kam mussten wir schnell los in die Handle-Bar unsere Kontakte pflegen. Das zahlt sich echt aus wenn man ab und an ein Bier ausgibt. Über Charles, aus der Handle-Bar, haben wir Mike kennengelernt, dem ja ein drittel der Werft gehört auf deren Gelände wir grad stehen. Mike wiederum hat uns den Schiffnamen und die Kontaktdaten von David gegeben. David ist Longline Fischer auf den Bermudas, wo wir ja bald hin wollen. Mike sagt ihm Bescheid das wir bald kommen und wenn wir in der Nähe sind werden wir David mal anfunken. Der kann uns dann Wetterinfos etc. geben und vielleicht auch an Land mit dem einen oder anderen Tip behilflich sein.
Leider waren wir mal wieder zu spät in der Bar, so das die ganzen Feierabendtrinker schon weg waren. Da wir beide ziemlich KO waren sind wir wieder abgehauen bevor der Freitag Nacht Trubel richtig los ging.

Auf dem Rückweg noch ein kurzer halt an der Tanke, wo sich Freitag abends die schwarze Jugend von Beaufort zum saufen trifft. Die Angestellten machen ihre Zigarettenpause übrigens, „for safety reasons“ wie ich vermute, direkt vor der Tür zwischen den Zapfsäulen. Diesmal wurde ich übrigens nur nach meinem Alter gefragt und musste nicht mal den Perso zücken. Wahrscheinlich sehe ich inzwischen so fertig aus, dass man mir auch so glaubt, dass ich über 21 bin.
Wieder auf der Daddeldu habe ich mich an die Zubereitung der Shrimps gemacht. Mit Olivenöl und Kobi angebraten und dazu Spagetti. Sehr lecker und alles zusammen sogar noch billiger als einmal Burger mit Pommes. Es ist übrigens nicht so, dass wir ernsthaft auf Junkfood und Rühreier stehen, aber wir haben weder Zeit noch Lust bei unserem Arbeitspensum auch noch stundenlang zu kochen. Das wird anders wenn unsere Badegäste, Chris und Ralf, erst mal hier sind und die Arbeiten abgeschlossen sind. Dann wird es wohl jeden Tag 2-3 warme Mahlzeiten aus selbst gefangenen Meeresfrüchten geben. 😉
Danach noch der übliche Abwasch und dann in die Koje.
Glaubt mir in Hamburg auch kein Mensch: Am Freitag Abend vor zehn ins Bett. Da bin ich sonst noch nicht mal in der U-Bahn um los zu fahren. Naja, kommt alles wieder…

So ich muss jetzt mal an die Arbeit.

You guys takin‘ care out there, ‚ight…?!

Henning

Stahlschwamm…

Freitag, 23. April 2010

Beaufort, NC, 22. April ’10

Das Wichtigste habt ihr ja schon gehört:
Der Probelauf der Maschine war erfolgreich! Kein Rauch und sie kam auf Anhieb. Echt toll!

Ist sie nicht schön?

Danach einige Besorgungen im Baumarkt und bei unserem Autoteilehändler wo wir inzwischen Stammkunden sind. Hätte wohl auch keiner gedacht, dass wir beide mal regelmäßig in einem Autoladen einkaufen. Aber Amerika verändert den Menschen. Oder auch nicht, wir brauchen halt Batteriezubehör und so weiter. Im Baumarkt trafen wir Rusty. Tja so groß ‚is Carolina eben doch nicht. Danach noch kurz zu Food Lion und dann Mittag. Irgendwie kommt’s mir so vor, als hätte ich das alles schon mal geschrieben. Oder bist Du, lieber Leser, etwa im Tag verrutscht? Ich weiß es auch bald nicht mehr…

Wieder zuhause bzw. an Bord hat Jens es sich wieder auf den Bodenbrettern im Salon bequem gemacht und die Batterien noch

Die neuen Batterien neu verkabelt!

einmal umgestellt und die Kabel gekürzt. Ich zog meine alten Shorts an und griff mir das Schleifpapier um weiter auf Rostjagd zu gehen. Das Wetter war gut und meine Laune auch. Schließlich hatten wir ’ne einsatzbereite Maschine. Die Mücken hatte heute wohl auch frei? Aber das ist auch egal, ich hab ja noch ein paar Andenken von gestern. Nach ein paar Stunden wurde es dann aber doch langweilig. Ich hatte zwar inzwischen auf Stahlwolle gewechselt aber so richtig der unterschied ist das nun auch nicht. Als Vaddern mit seinen Batterien fertig war hat er sich unseren neuen Exenterschleifer genommen und außen am Rumpf damit begonnen die Beulen, die damals der Mast in die Bordwand geschlagen hat als er baden ging, zu polieren und zu verzinken. Dann Spachtelmasse drüber und morgen nochmal schleifen und dann irgendwann mal lackieren. Um vier kamen die Mücken wieder und haben uns die Arbeit versüßt.

Gegen halb sieben machten wir dann Feierabend. Erstmal Nase spülen um den Rost- und Zinkstaub los zu werden. Heute wollten wir eigentlich ein bisschen feiern, schließlich sind wir ’n guten Schritt weiter gekommen. Auch wollten wir gerne die Highlights des HSV-Spiels im Internet sehen. Leider waren, wenn man der Youtube Suche glauben darf, die Highlights, das Labadia Interview. Obwohl nach dem Ergebnis, kann das schon hinkommen… Wir sind dann irgendwie bei Youtube hängen geblieben. Mal ein lustiger Film. dann wieder Ärger über die zusammenbrechende Verbindung oder erfolglose Suche. Selber schuld wenn man an Bord glotzen will. Zur Feier des Tages dann ein Steak und creolisches Okra aus der Dose. Gar nicht mal schlecht. Jetzt hören wir ein Charles Bukowski Hörspiel und Jens wäscht ab während ich hier schreibe.

So er ist fertig, ich kann aufhören. 😉

Good night and good luck.
Henning

Regen

Donnerstag, 22. April 2010

Beaufort; NC, 21. April ’10

Nachdem gestern alles so glatt gelaufen ist, war ja klar, dass es heute Rückschläge geben musste. Wenn auch nur kleine…

Der morgen verlief nach Plan. Jens bastelte an seiner Maschine herum. Er hat inzwischen die Halterungen und Abdeckbleche des alten Ladegerätes an die Maschine montiert und daraus Halterungen für allerlei Leitungen und Kabel gebaut. Am neuen Motor ist ja einiges anders als am Alten. Sieht gut aus, ist stabil und funktional. Langsam hat er auch alle Leitungen, Fühler, Geber, Hebel, Baugenzüge, Filter und was weiß ich noch alles angeschlossen.
Ich war derweil auf dem Vordeck mit Schleifen der Roststellen beschäftigt um sie anschließend mit Zinkspray rostsicher zu machen, damit wir später die Unebenheiten verspachteln, noch mal schleifen und dann x-mal streichen und lackieren können. Gesellschaft leisteten mir dabei die einheimischen Gewitterfliegen. Die sind so groß wie unsere Fruchtfliegen und beißen ziemlich gemein. Normalerweise kommen die nur kurz vor der Dämmerung kurz raus, aber da wir ja auf’s Gewitter warteten, machten die Viecher Ãœberstunden. Das Gewitter kam zwar nicht, es wird jetzt heute Nacht erwartet, aber gegen Mittag fing es an zu Regnen. Nur sehr leichter Nieselregen aber es hat ausgereicht mein Schleifpapier erst völlig zu zukleben und dann aufzulösen. Also brach ich die Arbeit ab um uns Mittag zu machen.

Nach dem Essen immer noch regen und auch nach dem Abwasch keine Besserung in Sicht. Als wir damals in der Bilge herumkrochen, hätten wir uns über ’ne Abkühlung gefreut, aber jetzt hält es einfach nur auf. Das drückt auf die Stimmung. Jens hat zwar weiter gearbeitet, ist aber durch die offene Luke recht nass geworden und so richtig super drauf war er auch nicht. Gegen 4 hörte der Regen und somit meine Zwangspause endlich auf. Die rechte Motivation und Arbeitslaune wollte sich trotzdem nicht mehr einstellen. Und den Mücken schien das Wetter zu gefallen. Egal wir haben bis kurz vorm Dunkelwerden weitergemacht und sind dann duschen gegangen. Jetzt geht’s uns besser und es ist echt viel schöner wenn man zurück an Bord kommt und die gemütlichen Salonlampen brennen.

Jetzt noch ’ne Scheibe Dosenbrot von 2006 und dann ab in die Koje. Morgen will der Skipper endlich mal einen Probelauf der Maschine wagen. Also schön Daumen drücken.

Gute Nacht.
Henning

Strom!!!

Dienstag, 20. April 2010

Beaufort, NC, 20. April ’10

Heute war ein guter Tag. Wir haben endlich Strom!!!

Aber der Reihe nach. Am morgen war der Skipper schon am ‚rum werkeln, als ich gegen 8 die Koje verließ. Nach einem Minifrühstück sind wir gemeinsam nach Beaufort zu Omar unserem Segelmacher. Gestern Abend haben wir ja noch kurz das Groß angeschlagen und sehr gewissenhaft die Maße genommen die es zusammengelegt am Baum hat. Hoffentlich schafft Omar es jetzt uns ein passendes Segelkleid zu nähen. Auch die alte Fock sollte er bis Mitte nächster Woche so umgestaltet haben, dass sie in unsere neue Rollanlage passt. Na ja, das sollte wohl zu schaffen sein.

Anschließend ein paar Besorgungen beim Autohöker. Batterieklemmen und Schläuche etc. und auf dem Rückweg Mittagessen bei Burger-King. Die haben hier einfach das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber wenn ich dieses Land wieder verlasse, werde ich wohl entweder burgersüchtig sein oder nie wieder so ein Teil anfassen.

Wieder an Bord dann Arbeitsteilung. Ich nach draußen, um dort die alten Namenszüge und so weiter abzupulen. Ja wir bereiten uns langsam auf’s Schleifen und Streichen vor. Leider sagt der Wetterbericht Gewitter für die nächsten Tage vorraus, was das Streichen leider unmöglich macht. Zwischenzeitlich hat sich der Skipper frei gemacht um bei über 30 Grad unter Deck in Unterhose auf dem Boden herum zu kriechen und dort unsere neuen Batterien anzuschließen. Und siehe da, er hatte Erfolg! Das heißt wir können jetzt endlich in unseren Kojen lesen, haben überall Licht, können über die Anlage Musik hören und auch der Rest der Elektrik, die wir später auf See brauchen, läuft. Das ist Wirklich ein riesiger Luxusgewinn und wir freuen uns beide sehr. Um dies zu feiern stellte ich erst einmal eine Playlist zusammen mit der wir beide Leben konnten und wir genossen die Musik, die jetzt aus dem Laptop über ein Kassettenadapterkabel ins Bordradio gespeist wird und dann in recht annehmbarer Qualität aus den Bordlautsprechern kommt. Wirklich toll! Christian hat uns unterem anderem den Soundtrack von „Das Boot“ überspielt. Ich dachte mir das können wir voll aufreissen wenn wir an der Norfolk Naval Base vorbei segeln. Leider, denke ich, werden die Ammis wohl die Titelmelodie auch nicht erkennen wenn sie in voller Lautstärke auf ihren Sonarmonitoren erscheint. Ja ja, die lustigen Gedankenspiele eines einsamen Mannes…
Jedenfalls erledigten wir, bei laufender Musik, noch einige Kleinigkeiten und werden uns jetzt mal überlegen was es zum Abendbrot gibt.

Dann geht’s in die Koje. Diesmal mit Buch!!!

Gute Nacht, Henning

0416 Friday

Sonntag, 18. April 2010

Beaufort, NC, 18. April ’10

Lange ist es her, seit wir das letzte Mal Muße hatten unsere Berichte zu schreiben. Irgendwie bin ich immer noch ziemlich KO nach Feierabend und wenn man dann aufgrund mangelnder Verbindung sogar Schwierigkeiten hat seine Mails zu checken, motiviert das nicht gerade zum Schreiben. Aber ich werde mal einen Nachtrag verfassen.

0416

Am Freitagmorgen hat der Skipper ein paar weitere Maschinenteile überholt, während ich im Maschinenraum noch die letzten rostigen Spannten mit der Drahtbürste bearbeitet habe. Bill, unser Schrauberkumpel, hätte Jens beinahe nicht wieder erkannt. „He is clean! Must be a different man!“ Anschließend ein gemeinsamer Kraftakt zur Teambildung und Motivationsstärkung. Die neue Maschine war ja schon am Vortag mit dem Stapler ins Cockpit und dann mit dem Baum in den Rumpf abgelassen worden. Jetzt musste sie nur noch um ca. ’nen guten Meter nach vorne auf’s Fundament gesetzt werden, mit einigen Balken und Pallhölzern eine Rutsche gebaut und dann mit Unterstützung der Großschot nach vorne gehievt werden. Inzwischen ein Witz für so routinierte Jungs wie uns. Um 14 Uhr saß das Ding auf den Sockeln. Echt gut mal so eine Arbeit zu machen und nicht immer nur das frustrierende Geschrubbe.

what a pretty engine!

Anschließend dann, zur Belohnung eine gemeinsame Einkaufstour. Wir wollten ja sehen ob der Batterie-“Spezialist“ bei Interstate-Batteries unseren AGM Klotz wieder fit gekriegt hat und Vaddern wusste nicht wo der Laden ist und ich hab mir nicht zugetraut, im Zweifelsfall alleine entscheiden zu müssen was für eine Neue wir kaufen. Leider war an unserer Alten nichts mehr zu machen und ’ne neue Wartungsfreie mit vergleichbarer Kapazität hatte er auch nicht. Also weiter zu West-Marine. Dort hatten die Verkäufer außer einem Maßband auch keine Hilfestellung anzubieten. Wir haben uns dann für drei Kleine entschieden die wir nun miteinander verbinden wollen. Als Rache für die nicht vorhandene Beratung haben wir Ihnen dann unser altes Schwergewicht, locker lächelnd, in den Laden getragen und sie im Austausch (bei solchen Batterien gibt es Pfand) dagelassen. Die Freude des kleinen Mannes. Zuzusehen, wie sie versuchten das Teil zu bewegen und nicht anheben konnten. Wir sind halt die Stärksten.

Dann noch zu Wal-Mart um ein Kabel und Schleifgerät zu kaufen. Diesmal keinen Plunder. Und so ging unsere Freitagsshoppingtour 3 Stunden und 1000$ später dann zu Ende. Aber mit Chance haben wir Anfang der Woche wieder Strom an Bord und sparen ’ne Menge Nerven und Zeit bei den anstehenden Schleifarbeiten.

Inzwischen ist es früher Abend und es ist schließlich Wochenende. Also auf in die Handle-Bar zu einer gemütlichen Party Billard. Ich gewinne sehr knapp mit 2 zu 1 gegen den Skipper. Aber wir spielen beide über weite Strecken grottenschlecht. Als wir grade mit dem Entscheidungsspiel anfangen, kommen die Oberchecker herein. Zwei Schwarze mit eigenen Ceuques in Krokodilledertaschen. Wir kennen die beiden schon und wissen, dass die echt gut sind. Beide legen ihre Quarters auf den Tisch und fordern den Gewinner. Also spiele ich gegen den Alten, der glaube ich Charles heißt und echt nett ist. Wir einigen uns auf deutsche Regeln. Er geht haushoch in Führung, versenkt dann aber die schwarze Kugel im falschen Loch (zu dem Zeitpunkt hab ich aber schon meine Kugeln abgeräumt) und so gewinne ich durch seinen Fehler. Irgendwie peinlich, so scheiße zu spielen, aber als Gewinner am Tisch bleiben zu müssen, zumal wir mittlerweile Publikum haben. Die eins-zu-eins-Kopie von diesem dummen Pro-7-Jumbo unterhält sich inzwischen mit Vaddern über seine deutsche Abstammung und der Laden ist voll. Egal, als Sieger spiele ich gegen den Jungen Billardprofi. Obwohl Billard darf ich nicht mehr sagen. „Don’t talk like a british. It’s pool, man.“ Der Junge jedenfalls ist ein Poser wie er im Buche steht. Aber manchmal kriegt er von den anderen ’nen Spruch gedrückt und dann muss auch er über seine eigene Ãœberheblichkeit lachen. Ich hatte eigentlich schon beim letzten Spiel gegen Jens keine Lust mehr und so schlage ich vor nach amerikanischen Regeln zu spielen, sonst gewinne ich nochmal aus versehen. Ich habe als Geforderter den Anstoß und versenke auch ’ne volle Kugel. Leider geht die Weiße hinterher und somit ist der Tisch noch offen. Mein Gegner meint er spiele trotzdem lieber auf die Halben. Ist halt ’n Gangster. Er räumt den ganzen Tisch, bis auf eine Kugel ab, bevor ich das nächste mal dran bin. Hab sogar ’ne 100%ige Chance, die ich aber glorreich vergebe. Er locht die letzte Kugel lässig ein, schiebt die Schwarze hinterher und ich bin endlich erlöst. Jetzt dürfen die großen Jungs spielen.

Wir verziehen uns an die Bar und werden dort von Charles und seiner Frau Mary angesprochen. Als sie erfahren wo wir herkommen und was wir vorhaben sind sie sehr angetan. Charles ist ein bärtiger Bulle von einem Seemann in den 50ern. Er hat eine Ketch hier in der Gegend ankern und wohnt seit 4 Jahren in Beaufort. Er arbeitet auf einem Tug-Boat, das die Ostküste rauf und runter fährt, ist also ein richtiger Seemann und Segler. Er und Jens tauschen sich aus und er gibt uns einige gute Tips für den Weg nach Philadelphia und er hat einen Freund, dem ein Drittel von Jarrett-Bay-Boatworks (unserem jetzigen Liegeplatz) gehört. Er will sicherstellen, dass wir hier ordentlich behandelt werden und die nötige Unterstützung bekommen. Mal sehen, was das heisst. Aber schaden kann es wohl nicht und wir werden Charles und Mary wohl noch öfter sehen.

Auf dem Heimweg ist uns ein Waschbär vors Auto gelaufen. Echt faszinierend, was diese Viecher für eine totale Ignoranz gegenüber Autos an den Tag legen. Kein wunder, dass die alle platt gefahren werden. Aber es war noch im Ort und folglich fuhr ich sehr langsam und habe ihm sein leben noch einmal lassen können.

So es ist gleich 11 und ich will jetzt mal das Sonntagsfrühstück bereiten.

Henning

0414 Mittwoch

Donnerstag, 15. April 2010

Beaufort, NC, 14. April ’10

0414

Nicht viel passiert heute.
Das Wetter hat sich verschlechtert. Es ist kalt geworden, wir haben jetzt nur noch 16 Grad unter Deck. Geradezu arktisch. Der Himmel ist bedeckt und es ist windig. So wie ein Sommer an der Nordsee.

Aber die Arbeit geht weiter. Der Skipper werkelte draußen an den Maschinen ‚rum und hat ein Erfolgserlebnis nach dem anderen. Inzwischen ist von der alten nicht mehr viel übrig da er alles abschraubt, überholt und an der Neuen montiert. Ich hatte wieder viel Spaß in der Bilge. Jetzt achtern. Da ist zwar verhältnismäßig viel Platz, aber eng und scheiße find‘ ich’s da trotzdem. Eigentlich dachte ich ich wisch‘ da kurz aus und geh‘ dann nochmal mit dem Grease-Destroyer drüber. Leider musste ich feststellen, dass an den meisten Spanten einiges an Rost entstanden ist. Also die Drahtbürste raus geholt und schrubben bis der Arzt kommt. Meine Laune war eh nicht so richtig super und das mir bei der Arbeit die ganze Zeit die Glaswollisolierung vom Heizungsauspuff im Nacken hing hat’s nicht besser gemacht.

Ich weiß, ich weiß, immer nur ‚rum heulen und jammern wird auf Dauer langweilig. Aber ich hab echt keinen Bock mehr in engen Räumen herum zu kriechen und irgendwelche Scheiße weg zu machen. Sei es nun Öl oder Rost.
Ich will endlich segeln und nackt baden, auf Haien reiten und Delphine fangen. Oder zumindest meine neuen weißen Shorts tragen, Rum trinken und vor schönen Stränden ankern, die farblich zu meinen Klamotten passen. Das dauert wohl noch…

Nach dem Mittagsimbiss hat sich Jens dann die neue Maschine von unserem Schrauberkumpel mit den langen Haaren, dessen Namen wir uns einfach nicht merken können, mit dem Stapler anheben lassen. Da baumelte das gute, Blitz saubere Stück dann ein paar Stunden und Jens hatte Gelegenheit für einen Ölwechsel und ein Paar Arbeiten von unten. Ich bin wieder in meinen Keller zurück und hab mich selbst bemitleidet. Um halb sechs hatte ich dann die Schnauze voll und hab mir unter der Dusche die Glaswolle abgewaschen. Vaddern hat noch ’ne Stunde weiter gearbeitet. Nach der Dusche ging’s mir dann besser und die Laune stieg wieder. Einen kurzen Brief geschrieben, den Abwasch gemacht und ein wenig Facebookgedaddel. Jetzt gibt’s Abendbrot und ich bin guter Dinge morgen nur noch wenige Stunden in der Bilge verbringen zu müssen. Vielleicht schaffen wir es sogar morgen die neue Maschine morgen an Bord zu holen. Das wäre doch mal ’ne Abwechslung.

Gute Nacht Deutschland.

Henning

0412 Ganz unten! oder Je tiefer desto scheißer.

Mittwoch, 14. April 2010

Beaufort, NC, 13. April ’10
(was bin froh, wenn hier endlich mal ’n anderer Hafen steht.)

0412

Montag war ja noch mein Lieblingstag, aber dieser hier hatte es echt in sich:

Wie ja bereits angekündigt, war heute die Steuerbordbilge dran. Aber erst mussten wir zu Omar, dem Segelmacher. Dass er unsere Segel nicht, wie mit Christian verabredet, fertig hatte, ist zwar scheiße aber verständlich. Woher soll er denn wissen, ob wir überhaupt jemals wiederkommen. Leider hat er auch die Verabredung von letzter Woche nicht eingehalten, zumindest mal die Dinger anzugucken und zu sehen ob und wo er sie kürzen kann. Wir beschließen das Groß so zu lassen und halt mit eingebundenem Reff zurück zu segeln. Die Genua soll kaputt bleiben. Die alte Fock bekommt ein neues Vorliek für die Rollanlage und wird statt der Genua gesegelt. Außerdem haben wir ja noch den neuen Blister. Aber ’n neues Segelkleid für’s Groß soll er uns noch machen. Hoffentlich schafft er das bis Ende April. Anschließend noch schnell die nötigsten Einkäufe getätigt und zuhause ein kleiner Mittagsimbiss. Truthahnsandwiches. Vorher haben wir noch den Stauraum unter den Bänken leergeräumt und ne Inventarliste der Vorräte angelegt, die Dosen beschriftet etc.

Ein wenig Essen ist noch da...

Scheiße, schon wieder ’n halber Tag im Arsch. Wir müssen echt mal aufhören immer zu zweit durch die Gegend zu heizen. Sonst wird es nix mit Philly am 15.5. (Doch! Der Skipper)
Nach dem Lunch hieß es dann aber wirklich: Steuerbordbilge. Wie gesagt, die ist schwer zugänglich. Unter den Sitzpolstern (Ebene 0) liegt ne Platte auf der normalerweise Kisten mit Konserven gestaut werden (Ebene -1). Darunter das Gleiche nochmal (Ebene -2) Da drunter öffnet sich ölverschmiert die Bilge. Ebene -3. Durch die Querschotten, die sich leider nicht entfernen lassen, sind die Ebenen -2 und 3 in kleine Rechtecke unterteilt. Da muss man schlank sein und lange Arme haben um daran zu kommen. Ist klar, wer das also machen muss. Ich also runter und mich in der Ebene -1 hingelegt. Wenn ich ganz auf die scharfe Kante gerutscht bin und Schulter und Arm in die Ebene 2 gesteckt hatte, konnte ich gerade so eben die Bilge erreichen. Dabei schneidet die Kante in die Brust und das Blut läuft in den Kopf. Das ist bei über 30 Grad unter Deck fast angenehm berauschend. Vaddern hat mir dabei die Schüssel gehalten bis ich den Ölschlamm aus den einzelnen Kammern geschöpft hatte.

Eng, aber OK.

Die letzte Kammer mitschiffs ist leider tiefer als die anderen und daher nur zu erreichen wenn man mit dem Oberkörper auf Ebene 2 abgetaucht ist. Schön mit der Stirn abstützen und die Arme runter auf Ebene 3. Aber das Sonnencreme-Schweiß-Gemisch das einem dabei in die Augen läuft, hält einen wach. Jens nimmt dreckige Küchenrolle ab und reicht saubere nach. Als das Öl einigermaßen beseitigt ist, geht’s weiter mit der gleichen Prozedur, nun mit Grease-Destroyer. Keine Ahnung was genau da drin ist, aber Aceton ist auf jeden Fall dabei.

Immer tiefer...

Noch bin ich relativ gut drauf und mit viel Gestöhne und Gejammer (das hilft mir wirklich) mache ich sogar noch schlechte Witze bei der Arbeit. Kopfüber in nem winzigen Loch mit Lösungsmitteln arbeiten (ja, ja, nur in gut belüfteten Räumen mit Atemschutz anwenden. Pustekuchen, gut gelüftete Räume kann man jede Woche sauber machen und braucht so’n Zeug nicht und mit Atemschutz kriegst du deinen Kopf da nicht rein.) schockt aber auf Dauer doch nicht. Also kurz mal an die frische Luft und eine rauchen. Ne kalte Cola, (Bier traue ich mich nicht) und wieder ab in den Keller. Diesmal mit dem Kopf nach achtern, was angenehm ist, weil diesmal die andere Brustseite abgeschnürt wird. Leider gibt es zwei Fächer für die meine Arme einfach zu kurz sind. Aber ganz achtern ist die Ebene -1 zu ende und ich zwänge mich auf Ebene -2. Was jetzt kommt ist schwer zu beschreiben, aber ich versuch’s mal. Also, Füße voran in die Ebene -3 (ein sauberes Fach natürlich), dann den Rücken so doll es geht gebogen und auf Ebene 2 den Oberkörper mit einem Arm voran ins Nachbarabteil gequetscht. Ich noch stolz wie Oskar: „Das kannst Du nicht!“ zum Skipper. Der „Das stimmt. Das kann ich wirklich nicht. Ich bin Dir auch sehr dankbar.“ Dann den zweiten Arm mit viel Gewürge hinterher. Die Beine lassen sich keinen mm mehr bewegen und der Kopf auch nicht. Oberkörper steckt eh fest. Irgendwie kriege ich den zweiten Arm hinterher und denke noch: „Mhm, bisher gar keine Platzangst gekriegt.“ Dann stecke ich ich fest. Ich kann kein einziges Körperteil mehr in irgendeine Richtung bewegen. Ich merke wie mein Puls hoch schießt und die Atmung sich beschleunigt. Oh Scheiße! Jetzt keine Panik. Und dann kommt sie…
Das Gefühl hatte ich erst einmal in meinem Leben, beim Nackttauchen im Oktober in der Bille. Da wollte ich ’nen Schlüssel auf 4m Wassertiefe im Schlick suchen und man konnte NICHTS sehen. Aber da konnte ich mich abstoßen und auftauchen. Drei Mal hab ich’s probiert. Leider ohne Erfolg. Damals hat Vaddern dann den Schlüssel geholt und sein Bauchspeck war hilfreich gegen die Kälte. Heute war’s umgekehrt. Man liest immer in Büchern von Panik und so. Ja, ja, denk ich dann, keine Panik aber wenn einen die Panik packt dann ist das so. Ganz, ganz beschissenes Gefühl. Ich hab jedenfalls all meine Selbstbeherrschung zusammen genommen um nicht los zu strampeln, was eh nicht geklappt hätte da ich keinen Platz hatte. Dann hab ich laut mit mir selber gesprochen: „Scheiße ich krieg Panik. Ganz ruhig! Nicht bewegen! Erstmal ruhig atmen. Ruhig atmen! Atmen.“ Vaddern hat mir die Hand auf den Rücken gelegt: „Ganz ruhig. Ich bin bei Dir.“ „Toll“ hab ich gedacht „bis du mich hier raus gesägt hast bin an ’nem Herzkasper gestorben.“ Ich hab mich dann zusammen gerissen und mit ganz viel Selbstbeherrschung und Ãœberlegung bin ich dann wieder raus gekommen. Erstmal kurz Luft schnappen bis das Hyperventilieren aufhört und nach 2 Minuten wieder rein, sonst setzt sich so ein Platzangstgefühl fest und ich kann nie wieder in enge Räume. Diesmal aber nur auf Ebene -1 und von da aus gemacht was zu erreichen war. Dann noch ’ne richtige Pause und anschließend mit ’nem langen Schraubenzieher als Armverlängerung die Ecken ausgewischt. Nächstes Jahr, wenn das Schiff wieder in Hamburg ist, werde ich Marlo da runter schicken. Der hat die richtige Größe.
Hinterher noch auf der Backbordseite zwei gut zu erreichende Fächer mit meinem Kumpel Atze klar gemacht. (Kennt ihr Atze? Atze-Ton?) Dann wurden die Kopfschmerzen stärker und wir haben gegen halb 5 Feierabend gemacht.

Johann das Gespenst.


Saubere Arbeit!

Ab unter die Dusche und in den Back-Street-Pub. Dort wollten wir Manny, einen Kumpel von Rusty treffen. Manny kriegt nämlich 20 % bei nem Marine-Supply-Versand und wir hätten gerne ein Ladegerät von ihm. Leider war Manny schon weg, denn die Ammis gehen immer zwischen 4 und 6 ihr Feierabendbier trinken und gehen dann nach Haus. Wir haben ihm ’ne Nachricht hinterlassen und wollen ihn morgen treffen. Auf dem Rückweg noch ein Gyros zum mitnehmen. Wir waren alle beide total KO und ich bin fast im Sitzen eingeschlafen. Na. ja, so’n Drogenrausch ist eben anstrengend. Vaddern hat noch seinen Brief zu ende geschrieben und ich hab versucht zu lesen. Leider sind mir dauernd die Augen zu gefallen und so hab ich um viertel vor neun in die Koje verholt…

Euer Henning Wallraff