All you can eat…

Beaufort, NC, 25. April ’10

Es ist Sonntag morgen und hat sich hier richtig schön eingeregnet. Der Wind pfeift in den Wanten und die Geräuschkulisse ist beinahe wie auf See. Aber das soll mich nicht stören, das Internet läuft zur Abwechslung mal und so kann ich den Vormittag mit schreiben und lesen verbringen.

Nachdem ich gestern Morgen erst sehr spät mit der Arbeit begann, demontierten wir die letzten Beschläge in der Plicht. Alles Vorbereitungen für die…?…
Richtig! Die Malerarbeiten.

Wie, inzwischen, immer dabei, unsere Freunde die Gewitterfliegen. Mittlerweile gibt es hier auch Bremsen und anderes Fluggetier. Ich glaube es wird hier langsam Sommer und da ganz Carolina ein einziger Sumpf ist, ist es eigentlich nur logisch, wenn auch Mücken diese optimale Kinderstube für ihre Brut nutzen. Da werden wir auf dem Intra-Coastal-Waterway wohl noch viel Spaß haben. Aber ihr seht, wir sind in Gedanken schon fast im Wasser.

Ganz viele Fliegenbisse. Und das war Sa morgen. Inzischen sieht es schlimmer aus und juckt wie verrückt.

Nach meinem eher mageren Fruhstück, Müsli mit Banane, hatte ich natürlich schon bald wieder Hunger. Und da der Skipper noch mit dem Schleifen und Streichen des Backskistendeckels beschäftigt war machte ich mich an die Zubereitung eines herzhaften Lunches. Die letzten Scheiben Dosenbrot mit dick Butter, und Spaghettireste mit viel Speck (…mhhh, Speck…) angebraten. (Ihr seht schon, es wird kulinarisch heute.)

Nach dem Essen baute ich dann den Petroleum Tank von unserem Herd aus um ihn zu entrosten und neu zu verzinken. Aber so richtige Arbeitslaune kam bei uns beiden nicht auf an diesem Samstag. Jens ging rüber zu Dan um ihn zu fragen wo wir denn Teakholzleisten kaufen können, wir hatten ja drei durchgebrochen als uns der Motor auf der Sitzbank in der Plicht umgekippt ist. Leider war Dan nicht da. Aber als Jens gerade zurück war, kam Bill vorgefahren. Der hat uns auch sagen können wo man wahrscheinlich so was kriegen kann, wollte aber nochmal in seinen Holzvorräten gucken ob da nicht was Passendes dabei ist. Nach einigem Suchen fand er dann tatsächlich ein passendes Teakbrett. Mit Hilfe von Tischkreissäge und Dicktenhobel waren daraus schnell 3 passende Leisten gemacht. Als Lohn wollte er gerne bei Gelegenheit ein deutsches Bier und falls er mal nach Hamburg kommt auch den einen oder anderen Gefallen. Unsere Kneipenkontakte zahlen sich eben aus.

Wir hatten aber jetzt beide keinen Bock mehr zu arbeiten und wie aufs Stichwort fing es an zu regnen. Also das Werkzeug weg gestaut und Feierabend. Nach der Dusche mit Rasur (der Sonntag steht bevor und den Seemannsbart bewahre ich mir lieber für den Atlantik auf) auf nach Beaufort zum Baumarkt, Kleinkram besorgen. Dann weiter zu Food-Lion um unsere Vorräte auf zu stocken. Wir haben uns gleich am Anfang eine Most-Valuable-Customer-Card ausstellen lassen. Damit sparen wir pro Einkauf n knappen 10er. Aber geschickt wie wir sind haben wir den Zettel mit unseren Daten nicht abgegeben. Die Karte funktioniert trotzdem und wir sind sicher vor Werbung und Datenbanken über unser Konsumverhalten. Auf dem Parkplatz dann schnell noch eine kleine Zwischenmahlzeit eingeschoben. Schokodonuts mit Cremefüllung. Sehr lecker und das bei höchstens 2000 Kalorien pro Stück.

Nach so viel Zucker musste nun aber doch was herzhaftes her. Also ab in die Handle-Bar. Eine kleine Partie Billard, ach ne das heißt ja Pool, und ein gezapftes Bierchen. Mittlerweile hat auch der Letzte mitbekommen, dass wir aus Deutschland sind und am Schiff arbeiten. So werden wir immer gleich als erstes gefragt wie weit wir denn sind und wie lange wir noch bleiben. Dass wir quasi ganz alleine die Maschine gewechselt haben hat überall großen Eindruck gemacht und die ganzen Schrauber und Schiffer haben ganz schön Respekt vor uns. Aber das ja wohl auch zurecht. Egal, auf jeden Fall werden wir dauernd angequatscht und man erzählt uns die eigenen Erfahrungen mit Deutschland. Z. B. ist vor ein paar Tagen auf dem Sportflughafen von Beaufort eine russische Yak gelandet. Mit einem finnischen Piloten der in schwarz-rot-gold gekleidet war. Das ist schon ziemlich deutsch, oder nicht?
Da keine Schiffer da waren und wir essen gehen wollten holten wir uns Restaurant-Tips. (Ich wollte meinen Vater einladen, da ich Anfang der Woche per Mail erfahren habe, dass meine staatliche Anerkennung als Diplom Sozialpädagoge zur Abholung bereit liegt. Und das ist doch Grund zum feiern, wenn man mit 30 Jahren die erste Berufsausbildung abgeschlossen hat.) Uns stand der Sinn nach einheimischem Seafood. Am besten frisch und nicht aus der Tiefkühltruhe. Das könne man komplett vergessen, so die einhellige Meinung. Nach ein bisschen hin und her wurden dann aber doch drei Restaurants der mittleren bis oberen Kategorie gefunden, die frische, einheimische Produkte anbieten.

Wir also wieder ins Auto und ein wenig cruisen. Wir wollten uns die Läden erst mal von außen ansehen. Was wir dann zu sehen bekamen erschrak mich doch ein wenig. Beaufort ist am Wochenende überlaufen von Schickeriapack. Typen mit dickem Wagen und rosa Hemden, die ihre Tussis auf gefährlich hohen Schuhen ausführen. Da wollten wir jetzt nicht unbedingt dazwischen sitzen. Aber einer der Restaurant-Tips, das Net-House, sagte uns zu. Die seien berühmt für ihre Soft-Craps, und da gerade Saison für diese Tiere ist beschlossen wir hier einzukehren. Soft-Craps sind Krebse die sich gerade gehäutet haben, so das der Panzer noch ganz weich ist und man sie mit Haut und Haaren essen kann. Das Net-House ist ein rustikal eingerichtetes Fisch-Restaurant wo jetzt nicht nur Schnösel verkehrten. Die Bedienung war sehr nett und nicht ganz so nervig (is everything allright?) und unfähig wie der Durchschnittskellner in Amerika. Und das Essen war auch sehr lecker. Wir hatten zur Vorspeise Angels on Horseback. Das sind frittierte Austern im Speckmantel mit Zitrone und Meerretichdip. Ich hatte in meinem Leben bisher nur einmal Austern, und die haben wir vor Wangerooge selbst gesammelt. Aber diese Art der Zubereitung war zwar ganz lecker, kam mir aber wie die reinste Verschwendung vor, da man kaum noch was von der Auster geschmeckt hat. Nun ja selber Schuld, wer so was bestellt. Zum Hauptgang gab’s dann stuffed soft-craps mit geschmolzener Butter und Scallops panned in butter (was aussieht und schmeckt wie Tintenfischarme in Scheiben, aber wohl Kammmuscheln sind). Als Beilage hatten wir einen Salat und ne Backkortoffel mit sour-creme und Butter. Wir haben uns alles geteilt und es hat wirklich gut geschmeckt aber das eindeutig Beste war die Kartoffel. Da wir das Gefühl hatten heute noch nicht ausreichend gespeist zu haben, insbesondere die Butter kam zu kurz, gabs noch ein dickes Stück Torte zum Dessert.

Gegenüber vom Net-House war ein großes Festzelt aufgebaut und es gab Live-Musik. Leider hätte man im Vorverkauf 50$ abdrücken müssen um dort eingelassen zu werden. Das war uns dann doch zu viel und so beschlossen wir noch einmal zum Wasser zu bummeln. Im Dock-House (wo wir in der ersten Zeit öfter Burger essen waren) war auch Live-Musik, ohne Eintritt und direkt am Wasser. Ein kleines Bier wollten wir uns da noch gönnen, sind aber beide fast im sitzen eingeschlafen. Totale Fressnarkose kombiniert mit einer weiteren Woche Arbeit in den Knochen. Außerdem war es schon fast zehn, also schnell in die Koje…

Schönen Sonntag noch.

Henning

Eine Antwort zu “All you can eat…”

  1. Anke sagt:

    Juhu der Henning hat es geschafft….:-) Wir sind stolz auf dich…

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