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Azoren – Falmouth, die etwas andere Ãœberfahrt

Sonntag, 18. Juli 2010

Falmouth, UK, Sonntag der 18.7.2010

Moin, moin!

Ihr Lieben daheim, ich glaube es wird so schnell nichts mit Hennings Reportage. Die Crew liegt nach einer durchzechten Nacht noch im Koma. Der Skipper hat sich, vernünftig wie er nun einmal sein muss, gegen halb vier Uhr morgens in die Koje verholt und im Halbschlaf noch mitbekommen, dass seine Mannschaft sich um 0900 h aufgemacht hat, um irgendwo zu frühstücken. Also versuche ich nun mal wieder selbst, euch einen kleinen Eindruck von unserer letzten Etappe zu vermitteln.

Es ging bei herrlichstem Segelwetter am Nachmittag des 30. Juni von Horta los. Mit einem tollen Blick auf den Pico fuhren wir nur unter Genua in die Nacht durch die Passage zwischen den Inseln Pico und Sao Jorge. Der Wind legte langsam zu und drehte dabei auf Südwest, so dass wir hinter Sao Jorge auf Nordkurs gehen konnten. Inzwischen hatten wir auf die Fock gewechselt und das Groß mit einem Reff gesetzt. Bei 6 Bft. ging es mit 7 bis 8 Knoten super voran. Am frühen Morgen passieren wir Terceira. Entsprechend war die Stimmung an Bord. Doch dann begann die Misere: gegen Mittag dreht der abnehmende Wind auf Nord und dann Nordost, und das sollte für die kommenden sechs Tage so bleiben. Mit 3 bis 4 Knoten kreuzten wir bis zum 6. Juli mühsam gegen Wind und Strom (der Azorenstrom – ein Ausläufer des Golfstroms – setzt mit knapp einem Knoten nach Südost). Das hieß, 24 Stunden möglichst nach Osten und dann wieder 24 Stunden nach Norden. Die Tage zogen sich hin, unterbrochen nur durch gelegentliche Walsichtungen oder unsere treuen Delphine. Am 3. Juli können wir immer noch den Widerschein des Leuchtfeuers von Sao Miguel, der östlichsten der Azoreninseln am Nachthimmel erkennen. Frust! Alternativen zu Irland werden diskutiert. Sollen wir ostwärts nach La Coruña gehen? Aber bei den herrschenden Winden können wir nicht einmal Kurs auf Lissabon anliegen. Also weiter wie gehabt. Am 6. Juli nimmt der Nordostwind auch noch auf 2 Windstärken ab um dann gegen Mitternacht ganz einzuschlafen. Wir starten die Maschine und motoren sechs Stunden nach Norden, in der Hoffnung, endlich den eigentlich normalen Westwind zu finden.

Bild fertig? Dann können wir ja los

Werner und der Pico

Der kommt dann auch, aber leider nur ganz schwach. Wir machen die Maschine aus und versuchen mit dem Blister zu Segeln. Leider ist der Wind noch zu schwach, um das Segel richtig zu füllen und die Dünung ist nach wie vor heftig, so dass der Blister ständig einfällt um sich anschließend mit einem lauten Knall wieder zu füllen. Das hält ein Segel auf Dauer nicht aus. Also wieder runter damit und eine Badepause eingelegt. Nach einer Woche im eigenen Saft eine entspannende Sache.Nachmittags legt der Wind auf knapp drei Bft. zu. Jetzt klappt es mit den 90 Quadratmetern Vorsegel. Als der Wind weiter zunimmt wechseln wir auf die Genua und erreichen im Laufe der Nacht gute sechs Knoten. Das hebt die Stimmung trotz der einsetzenden Schauer erheblich. Am 8. Juli dreht der Wind auf SW zurück um am folgenden Tag als Starkwind aus NW zu wehen. Werner opfert noch einmal Neptun, aber wir kommen in dem böigen Wetter gut voran.Am Mittag des 10. Juli beruhigt sich der Wind ein wenig und wir segeln mit gefierten Schoten Richtung Irland.

Am Sonntag, den 11. Juli, sind es noch 560 sm bis zur Irischen Küste. Das WM-Finale findet nun leider ohne uns statt. Wir laufen währenddessen nur noch unter der halb eingerollten Genua. Einige Böen erreichen lockere 9 Bft; Daddeldu surft teilweise mit 10 Knoten die Wellenberge hinab. Leider kommt dabei ab und zu auch mal etwas Wasser über Deck und findet auf geheimnisvolle Weise seinen Weg in die Kojen. Besonders Hennings Koje wird gerne von oben durchnässt.

Starkwind

Sturm

Am Montag beruhigt sich das Wetter wieder. Der Wind dreht auf Nord, wir können lüften, setzen wieder volle Segel, Mittags sogar für eine Stunde den Blister! Es ist allerdings inzwischen deutlich frischer geworden, so dass wir auch tagsüber den Pullover nicht mehr ausziehen. Das Barometer beginnt das erste Mal seit unserer Abreise deutlich zu fallen. Um Mitternacht binden wir das erste Reff ein, vier Stunden später bergen wir das Großsegel ganz und rollen die Genua weiter ein. Es weht inzwischen mit 7 bis 8 Bft. aus SW, einige Schauerböen liegen deutlich darüber. Mittags fällt unser Windfahnensteuerung aus, eine Schraube hat sich gelöst und verabschiedet. Bei dem Seegang nicht zu reparieren. Also: selbst ist der Seemann. Am Mittwochmorgen haben wir dann einen echten Sturm. Es weht mit bis zu 10 Bft. Eine Welle holt Christian von den Beinen und läßt ihn auf die Sprayhood krachen, deren Gestänge das nicht überlebt. Aber wir sind ja gottseidank mit den Lifebelts angeschnallt. Die Logge steht mehrfach am Anschlag, also bei über 12,5 Knoten, gelegentlich füllt eine brechende See das Cockpit, reißt das Notlicht vom Rettungsring oder verschiebt unsere Rettungsinsel samt Halterung nach achtern. Unter Deck ist alles mistnass. Wir schaffen es gerade noch einen Kaffee zu kochen und eine Dose Ravioli aufzuwärmen. Am Donnerstagmorgen haben wir mit Orkanartigen Böen den Höhepunkt erreicht. Wir stehen inzwischen ca. 50 sm vor den Scilly Islands. Unsere bisherige Wacheinteilung wird aufgegeben. Ab sofort bleibt jeder im Ölzeug mit Rettungsweste. Der Skipper bleibt stand-by. Die Crew geht reihum eine Stunde Ruder, eine Stunde Ausguck und dann eine Stunde auf die Salonbank zum Ausruhen. Mittags tritt eine deutliche Beruhigung ein, allerdings fängt es an zu regnen. Der Wind dreht wieder zurück auf Ost und dann sogar auf Süd. Moderate 5 bis 6 Windstärken, während wir die Scillys passieren. Wir setzten das Groß wieder und lassen das Vorsegel ein wenig raus. Das Barometer steigt leicht – doch nur, um in den kommenden drei Stunden geradezu abzustürzen. Wir bekommen von Rasmus noch einmal Nachschlag. Der Wind dreht schlagartig auf SW und legt auf 7 bis 8 zu um dann noch einmal für eine halbe Stunde mit Orkanstärke zu wehen. Beim Reffen reißt das Unterliek der Genua ab, aber wir können das Segel mit erheblichem Kraftaufwand noch einrollen. Es langt aber jetzt wirklich!

Es reicht, Henning verlegt seine Koje kurzerhand in den Gang

Ausguck

Der Spuk ist vorbei

Mit einsetzender Dunkelheit ist der Spuk vorbei. Der Himmel reißt ein wenig auf, vereinzelte Sterne sind zu sehen, sogar der Mond zeigt sich mal wieder. Wir sind alle hundemüde aber glücklich, es überstanden zu haben. Voraus leuchtet Wolf Rock Lighthouse, welches wir bei Sonnenaufgang passieren, in der Ferne ist Landsend, die Südwestecke von Cornwall, mehr zu ahnen als zu sehen. Als wir dann Lizard Point, die südlichste Spitze von England, runden, haben wir schon Handyempfang und können uns zurückmelden. Bei herrlichstem Segelwetter laufen wir gegen Mittag in die Bucht von Falmouth ein. Dass dann die Maschine nicht anspringt und wir zur Begrüßung noch einen heftige Regendusche abbekommen, kann uns nicht mehr erschüttern. Wir gehen unter Segeln in den River Fal, drehen eine Runde durch den Hafen um die lokalen Wind- und Stromverhältnisse zu erkunden und nach einem Ankerplatz Ausschau zu halten. Es ist recht eng im Hafenbereich durch die Unmenge an Bojenliegern. Aber wir entdecken vor dem Visitors Yachthaven eine geeignete Lücke und fahren ein sauberes Ankermanöver unter Segeln. Kurz das nötigste aufgeklart und dann zu einem Anleger in der Plicht versammelt. Wir schließen uns gegenseitig stumm in die Arme und lassen mit abnehmender Anspannung unseren Tränen freien Lauf. Glück ist, wenn ….

euer Jens

Einer behält den Überblick

Ohne Worte

Land in Sicht

P.S.: Die Crew ist mittlerweile wach und steuert dem Artikel die Fotos bei (20:00h)

Das war England 4:1,…

Sonntag, 27. Juni 2010

Moinsen,

gerade zurück an Bord, nachdem großartigen Spiel gegen unsere Inselfreunde. Einige Impressionen.

Jens, Balthasar und irgendwer - 3. Generationen Segler

Blick nach draußen...

Schwarz - Rot - Gold

http://www.youtube.com/watch?v=m2EkFYmX3NU

Nun sitzen wir mit Balthasar, unserem schwedischem Freund, und lassen alles Revue passieren…

gruß euer
Christian

Daddeldu schwimmt wieder

Dienstag, 04. Mai 2010

Uns erreichte heute morgen (01:55h UTC+2h) die Nachricht, dass die Daddeldu nun endlich wieder im Wasser ist. Ein paar kleinere Reparaturen sind wohl noch fällig, werden aber in den nächsten Tagen durchgeführt.

Jens und Henning scheinen glücklich, wir sind es auch.

Gruß
Christian

Neue Maschine an Bord!!!

Freitag, 16. April 2010

Beaufort, NC, 15. April ’10

Es ist Freitagmorgen halb sieben, die Sonne geht gerade auf, Tau liegt auf dem Deck und wir haben bereits 58 Grad (Fahrenheit natürlich, das sind etwa 14 Grad C). Solange der Junior noch schläft, will ich kurz vom gestrigen Tag berichten. Ich hoffe, ihr mögt so was auch am Abend lesen.

Der Morgen begann mit einem frustrierenden Versuch per Skype mit der Skipperfrau zu kommunizieren. Mit einem fliegenden Morgenkaffee musste ich dann zu meiner Verabredung mit Manny, um endlich ein neues Ladegerät für das Bordstromnetz zu bekommen. Treffpunkt Town Creek Marina (das ist mein erster Liegeplatz in Beaufort in 2007 gewesen). Manny war auch pünktlich da, hatte das bestellte Teil und ich die Kohle (per EC-Karte von der First Citizen Bank kein Problem). Ein bisschen Chitty-Chatty, eine Verabredung für Sonntagnachmittag im Backstreet Pub zum Bbq. Und weiter zu Williams, unserem inzwischen vertrauten Eisenkrämer in Morehead; dann Advance Autoparts, West Marine und Kittrell Auto Quest. Alles (mit Details will ich euch nicht langweilen) was ich auf dem Zettel hatte bekommen – oh Wunder. Aber mittlerweile wissen wir auch schon ziemlich gut Bescheid!

Auf dem Rückweg noch ein paar Lebensmittelreserven aufgefrischt (unter Anderem lokale frische Erdbeeren vom Hof an der Route 101, unserer Hausstrecke nach Beaufort) und einen Sack Eis für die Kühlbox besorgt. Um zwölf war ich wieder an Bord, wo Henning inzwischen weiter an der Renovierung der Bilge gearbeitet hatte. Ich hatte noch nicht mal alles an Bord getragen, da kam schon Rusty vorbei. Der sollte unsere marinisierte Austauschmaschine mit dem großen Stapler an Bord hieven. „I’ll be back in a quarter of an hour!“ Gesagt, getan! Eine Viertelstunde später stand der Gabelstapler bereit und wir waren vorbereitet. Angefasst, angehoben und um ein Uhr stand der Motor in der Plicht und Rusty war wieder weg. Noch dieses und jenes im Maschinenraum vorbereitet, u. A. Holzbalken verkeilt, auf denen der Motor dann auf seine Sockel weiter innen im Rumpf geschoben werden muss. Dann mit Hilfe unsere Großschot den Motor in den Maschinenraum abgefiert, und um vier Uhr war das teure Stück ohne Unfall unten angekommen. Wir waren erleichtert!!

Henning hatte für heute genug. Nach einem Feierabendbier und der verdienten Dusche gab es die ersten Erdbeeren aus NC – noch nicht so dolles Aroma, aber immerhin nicht schlecht. Wir freuen uns auf die kommenden Wochen. Dann wollte der Fockaffe nach Atlantic Beach in ein kleines Kino: „Clash of the Titans“. Darüber muss er allerdings selbst berichten. Ich blieb an Bord, um noch ein wenig auf- und umzuräumen sowie ein paar technische Anleitungen zu studieren. Meine Ausbildung als Elektromonteur und Automechaniker und Segelmacher und Zimmermann und …. ist ja durchaus lückenhaft.

Jedenfalls war ich mit dem Tag  zufrieden und wir sind im Zeitplan.

Leider hat der Skipper scheinbar ein paar Kabel in HH vergessen, so daß wir im Moment die Bilder von meiner anderen Kamera nicht auf den Computer laden können. Aber das holen wir die nächsten Tage nach.

Bis dann

Euer Jens

Im Mai heißt es wieder „Leinen los,…“

Montag, 29. März 2010

Nach nun drei Jahren Pause geht es endlich wieder los. Schon am kommenden Mittwoch fliegen Jens und Henning (HEiN Mueck alias „der Brecher“) in die Staaten, nach Beaufort NC, zur Daddeldu.

Was haben wir die ganze Zeit gemacht? Nachdem dann doch sehr plötzlichem Ende des Törns im Sommer 2007, hat Jens sich wieder auf die Familiengeschicke und sein Einkommen konzentriert. Lange Gespräche mit Freunden und Verwandten zeigten schnell, dass wir das Schiff sobald wie möglich zurückholen wollten. Allerdings mussten/müssen vorher dringende Reparaturen erfolgen und Zeit zum Segeln brauchen wir ja auch noch… Gut Ding will bekanntlich Weile haben.

Nachdem unsere Versuche vor Ort engagierte Locals mit einigen Aufgaben zu betrauen allesamt fehlschlugen, haben im Sommer 2009 meine Freundin Anke und ich uns ein Herz gefasst und haben unseren Urlaub auf der trockenliegenden Daddeldu verbracht. Anke hat geputzt, Messing poliert und sich gesonnt. Christan hat sich um die Elektrik gekümmert, geflext, korrosionsschutz aufgetragen und vieles mehr. Nachdem die Mängelliste erstellt, Gespräche mit dem örtlichen Segelmacher und diversen „angeblichen“ Maschinespezialisten geführt waren haben wir dann noch eine Woche die Gegend erkundet.

nach getaner Arbeit,...
Messing wieder blitzeblank, dann die wohlverdiente Pause

Daddeldu, wie ne bunte Kuh
Die „Daddeldu“ in geflecktem Gewand

Autogrammstunde
Autogrammstunde der Legende Richie Havens, beim Beaufort Music Festival

Lenn
Zu Besuch bei unserem Freund Lenn in Philadelphia

Jetzt war klar, wir schaffen das. Ein weiteres Jahr ist nun fast vorrüber. Eine neue Maschine, ein neuer Blister, diverse Tampen und anderes gelöt eingekauft, verschickt und „ganz wichtig“ inzwischen auch in der Jarrett Bay bei der Daddeldu angekommen. Um die ganze Logistik hat sich unser Freund Ralf v. Hafe gekümmert, ohne ihn wäre wohl einiges schwieriger gewesen. Darüber hinaus haben wir über Ralfs Kontakte einen nagelneuen Blister gesponsert bekommen. Fotos folgen.

Wie gehts jetzt weiter? Die Crew ist komplett, der Urlaub genehmigt, die Flüge gebucht. Jens und Henning fliegen also am 31. März nach North Carolina und werden dann ca. weitere 4-5 Wochen am Schiff arbeiten und aufklaren. Ralf v. Hafe (Sohn vom „Rammer“ Jürgen) und ich fliegen dann am 16. Mai hinterher direkt nach Philadelphia. In der Zwischenzeit sollten Jens und Henning dort schon auf uns warten. Ralf wird auf den Azoren aussteigen und seine Koje an Werner übergeben, welcher uns dann bis nach Hamburg begleiten wird. ETA Hamburg 25.07.2010.

Route
gepl. Route: Philadelphia – Bermudas – Azoren – Irland/GB – Helgoland – Hamburg

Wir würden uns freuen, wenn ihr wieder so begeistert an unserem Törn teilhabt. Schreibt Mails, Kommentare im Blog oder lest einfach unsere Geschichten.

Liebe Grüße
Christian

„Great Loop“ erstmal auf Eis gelegt

Freitag, 01. Juni 2007

this is Christian callin`

wie ihr schon auf der daddeldu.de Seite lesen konntet, haben wir am Montag letzter Woche die Daddeldu in der Jarret Bay, North Carolina aus dem Wasser geholt. Willi ist von New Bern mit dem Greyhoundbus abgereist, der Skipper und ich mit einem Mietwagen Richtung New York aufgebrochen. Unterwegs haben wir noch einige Zeit gehabt die Amis und ihr Land besser kennenzulernen. Alles zu erzaehlen wuerde wirklich den Rahmen sprengen, daher nur ein paar kurze Anhaltspunkte. Auf dem Weg nach Norden haben wir u.a in Jamestown und Williamsburg angehalten. Die Englaender waren schon 400 Jahre vorher dort und haben quasi die Grundsteine der ersten Siedlungen gelegt. Anschliessend Washington D.C. und Baltimore. In Philadelphia haben wir einwenig mehr Zeit verbracht, da dort einige Bekannte ansaessig sind. Die Zeit hat uns einmal mehr die Gegensaetze in der Lebensweise der Amis gezeigt. Von dort ging es weiter ueber die US 1 in Richtung „North“ bis nach New York. Diese wirklich erstaunlich grosse und abwechslungsreiche Stadt gefaellt uns beiden sehr gut. Von hier ist der Skipper nun gestern zurueck nach Hause geflogen, ich werde noch zwei Tage in Big Apple bleiben und das Wetter, sowie die Gastfreundschaft unserer Freunde und deren Hunde hier geniessen.

Gruss Christian

Admin wieder online

Sonntag, 07. Januar 2007

Liebe Leser,

wie ihr sicherlich  bemerkt habt, war ich in den letzten 3-4 Monaten nicht  präsent auf der Homepage und im Blog. Dies hatte verschiedenste Gründe, allen vorran mein Umzug und damit verbunden das fehlende Internet zu Hause. Dieses fehlt leider weiterhin. Der Zugang mit meinem privaten PC ins Internet ist zwingend erforderlich, da ich ohne meine gesicherten Passwörter überhaupt kein Zugang zum Blog und der Homepage etc. habe. Nun bin ich mit aller Hardware bei meiner Freundin online und werde das Tagesgeschäft auf See und in der Heimat wieder koordinieren können. Bitte dafür um Nachsicht und Entschuldige mich.
Nun aber zu den aktuellen Sachen. Wie ihr der Homepage schon entnehmen konntet, ist die Daddeldu mit gesunder Crew über den Atlantik gekommen und hat Barbados erreicht. Leider etwas „gerupft“ wie der Skipper die Situation beschreibt. Die sehr seetüchtige Daddeldu hat auf dem Atlantik Mastbruch erlitten, so dass die letzten 12 Tage mit einem provisorischen Rigg gesegelt wurde. Damit noch nicht genug, hat nach einiger Zeit auch die Maschine größeren Schaden genommen und Seewasser geschluckt. Schön schiet, nech…
Die letzte Crew ist mittlerweile schon eine gute Woche von Bord und der Skipper mit allerlei Reperaturen beschäftigt. Simone, Skippers Tochter, ist heute auf dem Weg nach Trinidad und bringt diverse Ersatzteile für die Maschine mit. Ein neuer Mast scheint ebenso schon gefunden, ist allerdings noch nicht aufgeriggt. Alles in allem sah es zwischendurch Böse aus, aber alle haben wieder neuen Mut und Kraft geschöpft für die zu bewältigenden Aufgaben.

Als nächstes wird Jürgen v. Hafe, welcher auch zur Startcrew gehörte, an Bord gehen und den Skipper einige Wochen begleiten.

Ich bitte euch bei wichtigen Fragen mir eine eMail an folgende Adresse zu schreiben: christian.quade at de.endress.com

Alles andere kann wie gewonht an meine private Adresse gehen, mit dem Unterschied dass ich diese jetzt zumindest 2-3 mal die Woche abrufe und auch beantworten kann.

Soviel erstmal dazu. Ich wünsche euch allen ein schönes, gesundes und erfolgreiches Jahr und freue mich weiterhin über reges Interesse und Teilnahme.

Schönen Gruß

Christian

Teneriffa bis Gomera

Freitag, 13. Oktober 2006

Auf Gomera ist es so schön, dass wir gar nicht mehr zum Schreiben kommen. Es ist gerade dunkel geworden, mir wird das Treiben auf den Booten gegenüber doch ein bisschen zu eintönig (auf einem Boot wird seit 2 Stunden das Klo repariert, auf dem Nachbarschiff war die Besatzung (englisch, weiblich) inzwischen essen und dann duschen, habe im Moment das Gefühl, alles gesehen zu haben. Aber man kann nie wissen. Überraschungen hat es auf dieser Reise wirklich reichlich gegeben.

Am Mittwoch haben wir (noch auf Teneriffa) unseren geplanten Bus-Ausflug gemacht. So etwas ist erstmal mit Wartezeiten verbunden, mit denen wir in der Regel geduldig umgehen. Die erste Station war Los Cristianos nicht weit von unserem Hafen in San Miguel. Los Cristianos ist auch so ein Touri-Ort, hat aber noch einen echten kleinen Stadtkern. Nachdem wir eine Stunde am Busbahnhof vergeblich auf den Bus nach Puerto de la Cruz gewartet hatten (wir trauten uns nicht weg, weil wir dachten, dann kommt er bestimmt und fährt wieder ohne uns ab), liehen wir uns von einem englischen Pärchen den Fahrplan und stellten fest, dass wir noch gut Zeit hatten, uns ein bisschen mehr vom Ort anzugucken. Dadurch lernten wir also neue Baustellen in der Altstadt kennen, setzten uns auf einen Kaffee in eine Bar am Hafen und ließen den Strom der Touris an uns vorbei ziehen. Es ist einfach furchtbar, was man da zu sehen kriegt! Jens fand das komisch und war immer wieder versucht, seine Kamera zu zücken. Ich konnte an dem Tag überhaupt nicht darüber lachen und hatte nach 20 Minuten die Faxen dicke. Dicke Männer ohne T-Shirt, die ungeniert ihre Bäuche spazieren führten und dicke Frauen in knappen Tops. Die Spanier machten übrigens hierbei keine Ausnahme und das wunderte uns am meisten.

Der Bus brachte uns in 90 Minuten über die Autobahn in den Norden der Insel. Wir konnten unsere beiden Ankerplätze der letzten Tage noch einmal sehen, sonst war der erste Teil der Strecke nicht sehr interessant. Aber dann die Nordküste: sehr grün, viele Bananenplantagen, hübsche Orte. Puerto de la Cruz hat uns gleich gut gefallen. Natürlich gingen wir erstmal zum Hafen. In einer sehr einfachen Bar aßen wir Sardinen und Tintenfisch für wenig Geld und genossen die Umgebung, die von einheimischem Leben gekennzeichnet war. Auch hier gab es Touris, aber alle waren rücksichtsvoll im Benehmen und dezent in der Kleidung.

Nach einem Spaziergang fanden wir noch einen kleinen Park, in dem ich den ersten richtigen Drachenbaum sah und tranken einen Kaffee in einem Jugendstil-Cafe. D.h. ich ließ ihn stehen, das Wasser ist hier einfach zu gechlort.

Auf dem Rückweg machten wir in Los Cristianos Halt in einem Supermarkt. Er war vor allem super-teuer, aber wir glaubten, dass es auf Gomera (und erst recht auf den Kapverden) noch teurer sei und meinten, wir müssten hier einkaufen. Ein netter chilenischer Taxifahrer mit guten Italienischkenntnissen brachte uns zum Schiff und schleppte sogar das Mineralwasser an Bord, weil er so neugierig war und mal sehen wollte, wie es sich an Bord lebt.

Den Abend verbrachten wir in der Plicht unter Sternen. Hin und wieder schreckte uns das Geräusch eines großen Fisches hoch, der unter den Pontons jagte. Er gehörte offenbar da hin, wir kriegten ihn aber nie zu sehen. Unser Nachbar aus der Schweiz hat sogar versucht, ihn mit der Angel zu fangen, da hat sich der Fisch bestimmt totgelacht. Der Schweizer kam übrigens aus Genf und war mit seinem Sohn zu den Kapverden und dann nach Brasilien unterwegs. Er fand das völlig normal, dass ich nächste Woche wieder nach Hamburg ins Büro muss. Seine Frau macht das auch, c est classique, sagte er immer.

Donnerstag gings dann endlich los nach Gomera. Leider (ja, es tat mir wirklich leid!) konnten wir nicht segeln, sondern mussten die 25 Meilen unter Motor machen. Zum Ausgleich kriegten wir echte Wale zu sehen. Zwischen Teneriffa und Gomera lebt eine Population von ca. 250 standort-treuen Pilot-Walen. Wir sahen ein knappes Dutzend von ihnen und ich kann meine Gefühle angesichts dieses Natur-Erlebnisses nur schwer in Worte fassen, aber ich muss schon sagen: es war sehr ergreifend. Als ich im Kleinen Belt zum ersten Mal Schweinswale gesehen habe, kam es mir vor wie am 8. Schöpfungstag, aber dieses war noch stärker.

Bald wurden wir wieder in die heutige Zeit versetzt (und diesmal kamen Erinnerungen an den Großen Belt auf), denn wir machten die Bekanntschaft mit Fred.Olsen. Es handelt sich um einen norwegischen Reeder, der mit seinen großen Katamaranen die Gäste zwischen den Inseln hin und her fährt (auch ich habe vor, in einer Woche mit ihm nach Las Palmas zurück zu kehren). Diese blöde Fähre änderte prompt ihren Kurs, als Jens ihr ausweichen wollte. Dieses „Segler ärgern“ scheint ein beliebter Sport bei ungehobelten Katamaran-Steuermännern zu sein. Jens wurde sehr böse und ich sehr ängstlich. Leider war der letzte Teil der Reise sehr anstrengend und ich habe mir außerdem noch einen Sonnenbrand auf den Unterarmen (alles andere halte ich beim Segeln immer bedeckt) geholt, so dass ich ziemlich kaputt und mit Kopfweh auf Gomera ankam.

Ich freute mich schon auf das Anlegen wieder mit Personal, doch das lief zunächst nicht ganz so glatt wie in San Miguel. Wir verstanden nämlich die Sprache des Hafen-Angestellten nicht. Hier auf Gomera unterhält man sich auf weite Entfernungen mit „El Silbo“, einer Pfeifsprache, die angeblich einmalig auf der Welt ist. Wir hatten im Reiseführer darüber gelesen, auch, dass diese Sprache jetzt Pflichtfach in der Grundschule ist, damit sie nicht ausstirbt. Der Hafenmann benutzte sie, um uns in die richtige Box zu lotsen (es hört sich ein bisschen so an wie der Gesang eines Kanarienvogels). Da wir ihn nicht auf Anhieb verstanden, gurkten wir erst eine Weile durch die Marina, bevor wir den uns zu gedachten Platz fanden. Es ist eine schöne Marina mit sehr netter Frau im Hafenbüro, die uns gleich mit Info- und Karten-Material versorgte und die Bürokratie in Grenzen hielt. Den Anleger nahmen wir an Land, weil wir unbedingt etwas Kaltes trinken wollten. Nach einem frisch gepressten O-Saft und einer Flasche Wasser verschwanden meine Kopfschmerzen und ich hatte Lust, mir ein bisschen San Sebastian anzugucken. Es ist sooo ein hübscher Ort. Der Hafen ist nicht groß, aber sehr gut aufgeteilt, die beiden großen Fähren (Fred.Olsen und ARMAS) und die 200 kleinen Schiffe stören sich gegenseitig nicht. Direkt hinter der Plaza erheben sich hohe Felsen, die allerdings etwas begrünt sind und von farbenfrohen Häusern geschmückt.

Auf der Plaza und in den zwei Hauptstraßen spielt sich echtes Leben ab. Einheimische in den Bars und den Geschäften, Eltern, die ihre Neugeborenen stolz den Bekannten (jeder scheint hier jeden zu kennen) präsentieren, Kinder, die Fußball und Volleyball spielen, ein verwirrter Antonio, der von einer Schwester gehindert wird, aus dem Altersheim abzuhauen, ein paar Touristen, die sich anständig benehmen. Kurz, wir hatten sofort das Gefühl, hier sind wir richtig.

Am Freitag machten wir unseren ersten Bus-Ausflug nach Vallehermoso in den Norden der Insel. Meine Güte sind die Berge hoch! An jeder Ecke der serpentinen-reichen Straße tat sich ein neues grandioses Panorama auf, nur ich konnte leider kaum hingucken, sondern krallte mich immer fester an Jens Arm. Auf der Plaza in Vallehermoso trank ich meinen letzten Kaffee. Er schmeckt einfach scheußlich. Aber was wir zu sehen kriegten, gefiel mir durchaus: plaudernde Hausfrauen aller Altersgruppen, Müllmänner bei der Arbeit, spielende Kinder und palavernde Männer in den Bars. Wir saßen eine Weile dort, angesteckt von der Gelassenheit, die diese Menschen hier ausstrahlen. Irgendwann machten wir einen Spaziergang und dann wieder eine Pause in einer Bar, wo das Glas Mineralwasser 20 Cent kostete. Übrigens gibt es hier überall ganz anständige Toiletten, was unterwegs für mich immer besonders wichtig ist.

Auf dem Weg zum Bus kaufte ich Bananen und probierte sie gleich an der Bushaltestelle. Es gibt ein Foto davon: „West-Geli im Glück – meine erste Banane!“ Sie schmecken hier wirklich unvergleichlich gut. Gestern haben wir auf dem Markt in San Sebastian noch anderes Obst gekauft: Feigen, Mangos, Maracuja, alles von hier und einfach köstlich!

Da Jens ja ungern zweimal die gleiche Strecke fährt, nahmen wir für den Rückweg einen Bus in Richtung Westen. Die Straßen waren noch schlimmer. Um mich abzulenken, begann ich ein Gespräch mit einem irischen Wanderer. Er war vor vier Monaten Witwer geworden und versucht nun auf Gomera seine Spur wieder zu finden. Seine Nichte hatte ihn eingeladen und er probiert jetzt alles Mögliche aus, außer wandern noch arbeiten, was er schon lange nicht mehr gemacht hatte. Er erzählte uns, dass es auf ganz Gomera nur drei Postämter gibt und die alle drei um 12 Uhr schließen. Da er morgens wandert (oder arbeitet), wird er seine Karten nicht los und so haben wir ihm aus der Patsche geholfen, in dem wir seine Post mit in die Stadt nahmen. Während dieses Gesprächs waren wir auf der Höhe angekommen und fuhren durch die Ausläufer des Nationalparks, rechts und links bemooste Bäume, Lorbeer, Baumheide und was weiß ich. Sah alles ein bisschen gespenstisch aus, aber da es keine Abgründe gab, konnte ich wieder entspannt rausgucken.

In Chipude mussten wir umsteigen. Nur ein Platz mit einer von außen sehr hübschen, aber leider verschlossenen Kirche sowie einer Bar. Jens überredete mich zu einem Kaffee solo – das war nun wirklich der allerletzte auf dieser Insel. Inzwischen bin ich komplett auf Orangensaft umgestiegen und das schmeckt mir gut, zumal er immer frisch gepresst ist.

Freitagabend wollten wir eigentlich ausgehen. Wir haben uns richtig landfein gemacht und wollten gerade los, als es anfing, richtig zu regnen. Also haben wir an Bord gegessen und erst später einen Spaziergang gemacht, als der Himmel wieder klar war. Ich wollte mal auf die Mole gucken und da kam gerade Fred Olsen mit seinem Katamaran. Wir guckten dem Schiff beim Anlegen zu und den Passagieren beim Aussteigen. Der Gedanke, dass mich so ein Schiff von hier wegbringen wird, hat wenig Attraktives für mich. Aber zurück segeln wäre unsinnig, weil Jens ja in die Gegenrichtung weiter will.

Von der Mole hatten wir einen herrlichen Blick auf Teneriffa (von weitem sehr hübsch!) und außerdem fanden wir noch eine kleine Bucht, in der eine für mich bisher unbekannte Brandung gegen die Felsen donnerte. Lange standen wir dort und horchten auf die Geräusche, wisst Ihr z.B. wie das klingt, wenn beim Zurückweichen der Wellen die Steine aneinander gerieben werden?

Gestern haben wir in dieser Bucht gebadet. Sie hat auch einen Sandstrand (schwarz, wie die meisten Strände hier). Das Baden war wieder so ein besonderes Erlebnis für mich, ich bin ja leider keine sichere Schwimmerin und muss mich meistens überwinden, überhaupt ins Wasser zu gehen. Vor dieser Kulisse der sonnenbestrahlten und blumengeschmückten Felsen (mit Blick auf Teneriffa und den Teide) mich im warmen (24 Grad) Wasser zu wiegen, hat mir sehr gefallen. Leider hat sich Jens in der Brandung das Knie verdreht, als er mir helfen wollte. Heute ist es dick und tut ihm weh, hoffentlich ist es nichts Schlimmes.

Ihr seht, ich bin begeistert von dieser Insel. Als ich gestern morgen den Sonnenaufgang über Teneriffa anschaute, da habe ich zum ersten Mal gedacht, ich kann die (zumeist deutschen) Aussteiger verstehen, die sich hier niederlassen. Nur, was sollte ich hier machen? Landwirtschaft ist nicht so mein Ding (vor allem nicht bei der Wärme) und der Bedarf an selbst gestrickten Strümpfen wird hier auch nicht besonders groß sein, auch wenn Jens meint, die Wanderer können gut sitzende Strümpfe immer gebrauchen. Na ja und dann sind ja die Berge eine wirklich fremde Welt für mich und wenn ich mir vorstelle, dass ich, um aus San Sebastian weg zu kommen nur die Wahl habe zwischen gefährlichen Bergstraßen und Fred Olsen (die Daddeldu wird ja nächste Woche nicht mehr hier sein), … also dann komme ich doch lieber zurück nach Hamburg.

Nun sind wir schon fast eine Woche auf La Gomera und genießen unseren Urlaub. Ungefähr alle zwei Tage machen wir einen Ausflug, die übrigen Tage bleiben wir in San Sebastian. Da San Sebastian der einzige Hafen mit einer Marina auf der Insel ist, haben wir beschlossen, die übrigen Orte per Bus aufzusuchen, weil es wohl keine richtig geschützte Ankerbucht gibt. Als wir gestern in Valle Gran Rey waren und uns den kleinen Hafen von Vueltas anguckten, wo die Boote im Atlantik-Schwell auf und ab schaukelten, war ich doppelt froh, hier so einen ruhigen Platz zu haben. An sich habe ich nichts gegen das Ankern, im Gegenteil, ich genieße es, in einer ruhigen Bucht mit hübscher Kulisse vor Anker zu liegen und meine Ruhe zu haben. Wenn ich aber an Land möchte, ziehe ich unbedingt eine Marina mit Stegen vor. Dann kann ich an Land, wann ich will und ohne mir im Dinghy einen nassen Hintern zu holen.

Letzteres kann einem allerdings auch an Land passieren. In Valle Gran Rey ist die Brandung noch höher, als ich es bisher gesehen hatte. Ich verzichtete aufs Baden, weil ich zu recht annahm, dass Jens mit sich genug zu tun haben würde. Jens suchte sich also einen Platz auf den Steinen zum Ausziehen. Gerade hatte ich meine Sandalen ausgezogen und sie knapp unter seine Sachen gelegt, da kam eine Welle und überspülte sie. Also höher legen, in der Sonne trocknen sie ja schnell. Während Jens badete, stand ich unmittelbar am Rand dieser Steinböschung. Meine Füße wurden häufig überspült, hin und wieder musste ich mein Kleid raffen, weil das Wasser bis zu den Knien kam. Irgendwann nützte auch das nichts mehr und ich wurde bis zum Po nass – ein fieses Gefühl, zumal ich nichts zum Umziehen mit hatte.

Um das Thema abzuschließen, hier ein Auszug aus dem „Valle Boten“ (Von Vueltas bis zu den Lofoten – liest alle Welt den Valle-Boten!), der auf der Insel von einem Alt-Hippie herausgegeben wird:

85% aller Frauen finden ihren Arsch zu dick

10% aller Frauen finden ihren Arsch zu dünn

5% aller Frauen finden ihren Arsch gerade richtig

(und sind froh, ihn geheiratet zu haben).

Spaß beiseite. Gestern in Valle Gran Rey (der Name geht auf den großen König der Ureinwohner zurück) trafen wir gestern einen Mann aus Köln (Deutsche gibt’s hier wie Sand am Meer), der bedauerte, dass es auf diesen Inseln kein richtig schönes Hotel für „gehobene Ansprüche“ gibt, wo abends was los ist. Wir wiesen ihn darauf hin, dass auf der Plaza in San Sebastian bisher jeden Abend was los war, auch als wir schon lange in der Koje lagen. Ja, aber das sind ja nur Spanier! – Habt Ihr noch Worte?

Ich habe auch nach sechs Tagen San Sebastian immer noch das Gefühl, jedes Mal etwas Besonderes zu sehen, wenn ich von Bord gehe. Z.B.

* die roten Krebse, die wir seit gestern auf den Felsen ein paar Meter von unserem Liegeplatz beobachten und die in der Sonne leuchten, als seien sie schon gekocht, die aber zum Glück noch quicklebendig sind
* die gigantischen Lorbeerbäume auf der Plaza, die wunderbar Schatten spenden
* die Sonnenaufgänge über Teneriffa und die grandiose Brandung, die mein Herz mit Lobliedern erfüllen
* die fröhlichen Gesänge im Gottesdienst, gesungen von Frauen, die alle älter sind als wir, begleitet von Gitarren und Rumbanüssen, so dass man gleich mitschwingt (das war übrigens in der Kirche, in der Kolumbus seine letzte Messe besuchte, bevor er über den Atlantik aufbrach)
* die zwei knackigen Kerle (Holländer), die doch tatsächlich im Ruderboot über den Atlantik wollen
* die fröhlichen, lebhaften Frauen mit den lauten Stimmen, die so virtuos den Fächer handhaben
* das Lager für afrikanische Flüchtlinge, dass hoch in den Bergen über San Sebastian aufgebaut ist
* der Trauerzug für einen verstorbenen Polizisten, den wir heute auf dem Weg zu oben erwähnter Kirche sahen. Die Witwe wurde von einem Kollegen liebevoll gestützt. Sie war kaum älter als Simone und es kann nicht sehr lange her gewesen sein, dass sie diesen Weg zum Traualtar gegangen ist. Es zerriss uns das Herz.

(Text von Angelika)

Marina San Miguel (Teneriffa), 19. September 2006

Montag, 25. September 2006

Seit Samstagabend sind wir also auf Teneriffa. Die Insel ist auf den ersten Blick angenehmer fürs Auge, viel grüner, die Berge wesentlich weniger schroff, die Bebauung nicht so brutal wie auf Gran Canaria. Dafür ist das Wetter nicht so beständig, eigentlich haben wir bisher viele Wolken, wenig Sonne und auch öfter Regen gehabt.

Unseren ersten Hafen hier (Poris de Abona) haben wir Sonntag gegen Mittag wieder verlassen. Wir sind nicht mal an Land gegangen, da war wirklich nichts los. Das Segeln bis zum Punta Roja war kurz und angenehm, hinter dem Punta Roja erwartete uns eine schöne kleine Ankerbucht vor einem kleinen Strand mit vorwiegend einheimischem Badebetrieb. Insgesamt ein sehr geeigneter Ort zum Ausruhen, das Geschaukel hielt sich zumeist in Grenzen. Montag hat es erstmal richtig geregnet, so dass wir beschlossen, einfach unter Deck zu bleiben und abzuwarten. Wir haben fast den ganzen Tag gelesen und ich habe das Urlaubsgefühl genossen, nichts tun und nirgendwohin zu müssen.

Nachmittags klarte es auf und wir fuhren mit dem Dinghy an Land, um den Berg zu besteigen. Er besteht aus rotem (Tuff-?)Gestein und ist mit wenigen Kakteen und vielen Sukkulenten (Fetthennengewächsen) bewachsen. Es war keine sehr anspruchsvolle Wanderung, aber ich war doch froh über meine alten Joggingschuhe, die meinen Füßen festen Halt gaben. Oben hatten wir einen herrlichen Blick auf das Wasser, den Flughafen von Teneriffa, die seltsamen braunen Gewächshäuser direkt daneben, Baukräne und andere Errungenschaften der Zivilisation, während zu unseren Füßen Eidechsen spielten.

Heute morgen bin ich zum ersten Mal vor Sonnenaufgang (d.h. vor 8) aufgestanden. Die Sonne schien herrlich und wir konnten den Gipfel des Teide (3700m) ganz und gar sehen. Als ich mit meinem Müsli in der Plicht saß, tat es mir fast ein bisschen leid, diesen romantischen Ort zu verlassen, aber ich hatte auch Sehnsucht danach, mal wieder an Land zu gehen oder mir einen Kaffee zu kochen, ohne Jens erst um Hilfe bitten zu müssen und mir die Haare unter einer richtigen Dusche zu waschen.

Wir gingen also Anker auf und fuhren unter Motor ca. 4 sm in den nächsten richtigen Hafen ein. Diese Marina San Miguel liegt in einem neu angelegten Feriengebiet mit einem großen Golfplatz. Eigentlich ist das Ganze eine riesige Baustelle mit entsprechendem Lärm. Aber so weit waren wir noch nicht, das im Einzelnen festzustellen. Zunächst machten wir an einem Ponton fest, den Jens für den „Reception-Ponton“ hielt. (Das ist hier so üblich, dass man da erst mal festmacht und sich dann vom Hafenmeister den richtigen Platz zuweisen lässt.) Es war nicht so gedacht, aber der Hafenmeister kam mit einem Elektro-Auto angedüst (bei uns im Norden fahren die immer Fahrrad!), sprach sogar Englisch und forderte uns freundlich auf, ihm zu folgen. Er wartete dann bereits mit einem anderen jungen Mann auf dem Steg und nahm die Leinen an, die wir ihm nach und nach reichten. Ich muss schon sagen, so ein Anlege-Manöver mit Personal entspricht schon eher meinen Vorstellungen, als zitternd mit einer Leine an der Reling zu stehen und darauf zu warten, was ich diesmal wieder falsch gemacht habe. Da will ich dann gern mal 20 € blechen, zumal wenn die sanitären Einrichtungen auch noch so pük sind wie hier.

Dieses Luxus-Gefühl konnte ich allerdings nicht lange genießen. Während wir in den Hafen hinein fuhren, sahen wir vor uns an der Pier viele Menschen, Polizei- und Krankenwagen. Ein Unfall? Nein, es waren Boat-People aus Afrika, die offenbar eine Stunde vor uns in einer Nussschale mit 55 Personen aus Westafrika gekommen waren. Große, sehr schwarze junge Männer (aus dem Senegal, vermuteten wir), sie waren angeblich 12 Tage auf See gewesen. Sie wurden mit Wasser und einem Rotkreuz-Beutel versorgt und um 10 nach 12 (d.h. 100 Minuten nach ihrer Ankunft) mit einem Reisebus weggefahren. Was wir nicht mit eigenen Augen gesehen haben, erfuhren wir von unserer englischen Nachbarin, die erlebt hatte, wie das Boot um 10.30 in den Hafen kam. Sie lobte die perfekte Organisation der Spanier. Wir hatten all die Tage genug Flugzeuge und Hubschrauber der Luftaufklärung gesehen, zu irgendwas muss das ja gut sein. Wir waren beide sehr verstört, mussten allerdings auch immer wieder hingucken…

Als der Bus weg war, sind wir bald an Land gegangen, um uns ordnungsgemäß beim Hafenmeister zu melden. Da waren doch tatsächlich drei Personen eine halbe Stunde mit unserer Einklarierung beschäftigt. Wir sind EU-Bürger, Mann! Aber wir haben ganz geduldig abgewartet, ich habe inzwischen den Müllcontainer gesucht und die Duschen und die eine oder andere Baustelle inspiziert und mich dabei gefragt, ob wir wirklich zwei Tage bleiben wollen. Das wollen wir, weil wir noch einen Bus-Ausflug unternehmen möchten und dafür ist es besser, wenn das Schiff richtig im Hafen liegt und nicht vor Anker.

Ein kleiner Rundgang an den fertigen Gebäuden vorbei zeigte uns die Kunstwelt, in der die Leute so Ferien machen: Hotels, Appartements, Restaurants (italienisch, mexikanisch, chinesisch, Paella, kein Sauerkraut, aber auch keine Tapas), Pools, Golfplatz, 2 kleine Supermärkte. Nichts, aber auch gar nichts Natürliches, was auf einheimisches Leben hindeutet. Das Beste und das Einzige, was ich im Moment wirklich brauche, ist das saubere WC beim Hafenbüro. Und vielleicht das Internet-Cafe, gell?

Wenn uns nicht morgen auf unserer Bustour (Jens hat sogar erwogen, eine „Butterfahrt“ mit Müller-Reisen mitzumachen!!!) nicht irgendein Ort ganz besonders anspricht, dann wollen wir von hier aus weiter nach Gomera. Das hat Francois von Anfang an gesagt, dass wir das machen sollen.

Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht und grüßen Euch mit einem fröhlichen ole

Eure Geli/Mama und Jens/Papa

Las Palmas die zweite, 12. September ’06

Freitag, 22. September 2006

nun bin ich also auf Gran Canaria und nicht gerade in der schönsten Ecke (so hoffe ich mal). Las Palmas ist wirklich eine potthässliche Stadt! Francois hatte mich ja gewarnt. Schon der Flug hierher war besonders. Noch nie bin ich in einer prolligen Gesellschaft gereist. Mone hat mich ja bis zum Abflug begleitet und konnte sich einen Eindruck verschaffen. Irgendwie habe ich mir die Zeit mit Zeitunglesen und Sudoku vertrieben und mit leichter Verspätung kam ich gesund und müde an. Die Zeit am Kofferband wurde mir sehr lang, aber danach war alles gut und ich konnte meinen (ziemlich schlank gewordenen) Liebsten in die Arme schließen.

Bus und Taxi fuhren an superhässlichen Bauten vorbei, das Hotel Astoria auch keine Augenweide, aber das Zimmer war ok. Nach dem Einchecken und Umziehen (noch immer 27 Grad) gingen wir auf die Strandpromenade und setzten uns in ein Lokal, dass ausschließlich von Spaniern besucht war. Der Ort und das Personal wirkten etwas schmuddelig und ich entwickelte gleich wilde Phantasien von Hepatitis C. Vielleicht lag es auch an meiner blütenweißen Hose, dass ich so ängstlich war. Das Essen schmeckte jedenfalls ganz gut, nur dem Salat traute ich bis zum Schluss nicht.

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen (Buffet mit 100 Sachen, die ich nicht mochte) checkten wir aus, kauften in einem nahe gelegenen Supermarkt ein (vor allem Mineralwasser) und nahmen ein Taxi zum Hafen. Ab da war es dann wunderbar. An Bord fühlte ich mich sofort zu Hause, packte meine riesige neue Reisetasche aus, freute mich über den Platz, der nur für mich und meine Sachen reserviert war und genoss die ersten Stunden auf der Daddeldu. Die laute Stadt ist hier an Steg 18 weit genug weg, es weht ein leichtes Lüftchen und die von Jens bereiteten Tapas schmecken mindestens so gut wie im Restaurant.

Ein Mittagsschlaf in meiner Hundekoje gab mir die nötige Energie, um zu unserem ersten richtigen Stadtbummel aufzubrechen. Wir fuhren mit dem Bus in die Altstadt. Dort buchte ich mir ein Hotelzimmer für den 30. September, das direkt neben dem Busbahnhof liegt. So muss ich am 1. Oktober nicht mitten in der Nacht aufstehen. Anschließend bummelten wir durch die Fußgängerzone. Hier gibt es noch ältere Häuser und das Ganze hat wenigstens einen Anflug von Charme. Sehr begeistert waren wir von der Casa Colon, ein Museum, dass Kolumbus gewidmet ist. Das Haus erinnerte mich an das Isabella Stuart Gardner Museum in Boston, aber wer weiß, wer beim wem abgeguckt hat. Nach dem Besuch war ich deutlich versöhnlicher gestimmt und fand, dass es doch ein paar hübsche Ecken hier gibt.

Die Pause in einem kleinen Cafe zog sich bis lange hin, weil wir uns so viele wichtige Sachen zu erzählen hatten und so brachen wir erst auf, als es fast neun und schon ziemlich dunkel war. Noch immer waren die Geschäfte offen und reges Treiben belebte die Straßen. Wir kamen an einer Konditorei vorbei und kauften zwei Stück köstliche Kuchen. Also das können die Spanier!!

Geschlafen habe ich prima, nur so richtig wach werden mochte ich heute morgen nicht. Aber als ich erstmal raus war aus der Koje (nach 9, was für mich wirklich spät ist), genoss ich es sehr, bei der Morgentoilette mal nicht zu frieren, wie ich es von der Ostsee gewohnt bin. Zum Frühstück gab es Kaffee, Pampelmuse, trockenes Brot und sehr leckeren Quezo (Käse). Der Kühlschrank ist ja kaputt und es ist wirklich ein Problem, hier Lebensmittel zu lagern. Außer Hartkäse und luftgetrocknetem Schinken eignet sich kaum etwas.

Sehr spät machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Wir besuchten die Markthallen und staunten vor allem über das Angebot an Fisch. Tintenfisch, Doraden, Thunfisch, Schwertfisch und was weiß ich noch glänzte auf der Auslage und wurde von sachverständigen Hausfrauen gekauft. Die Auswahl an Schinken war auch eindrucksvoll, Obst und Gemüse eher enttäuschend.

Zwischendurch versuchten wir immer Auskünfte über Fährverbindungen zu bekommen, aber das ist gar nicht so einfach, weil die Reisebüro-Angestellten so gut wie kein Englisch konnten. Sie kapierten einfach nicht, dass ich Ende des Monats von El Hierro oder La Gomera aus mit der Fähre nach Las Palmas zurückkommen will. Als ich endlich nach mehrfachem mühsamem Fragen an verschiedenen Stellen die Auskünfte hatte, die ich brauchte, wollte ich noch wissen, von wo der Bus Nr. 1 dann abfährt, der mich ins Hotel Parque bringen soll. Ich will das jetzt wissen und nicht erst in Erfahrung bringen, wenn ich allein mit schwerem Gepäck hier ankomme. An der Bus-Station gab es keine funktionierende Anzeigentafel, keinen Plan, gar nichts, was einem Besucher helfen könnte, sich zurecht zu finden. Immerhin war ein Schalter besetzt. Ich fragte auf Englisch, wo denn der Bus Nr. 1 abfährt. Der junge Mann antwortete mit der Frage, wohin ich denn wolle. Zum Parque San Telmo (das ist die andere große Bus-Station, wo mein Hotel ist). Dann fragte er, ob ich Französisch, Englisch; Holländisch oder Deutsch sprechen wollte. Ich sagte, dass mir das egal sei, solange ich nur die Information bekäme, die ich wollte. Da sagte der freche Kerl doch glatt auf Deutsch zu mir „Wenn Sie Deutsche sind, warum sprechen Sie dann so schlecht Englisch?“ Eine ballern konnte ich ihm nicht, weil die Scheibe dazwischen war. Ich schluckte meinen Ärger also hinunter und versuchte ihm zu erklären, was ich wann vorhabe. Am Ende erzählte er mir tatsächlich, wo der Bus Nr. 1 hält, nur das war meine Frage. Ich war reichlich bedient und beschloss, nicht noch länger hier zu bleiben, wo die Leute so mit ihren Gästen umgehen.

Auf dem Rückweg hatten wir noch Mühe, Brot einzukaufen, weil inzwischen Siesta angebrochen war. Von halb 2 bis halb 5 sind fast alle Läden geschlossen. Wir fanden dann aber nicht nur Brot sondern wieder leckeren Kuchen, u. a. eine Vanilleschnitte, die stark an Onkel Jo erinnerte.

Zwei Stunden später (halb 10): wir haben zu Abend gegessen und sitzen jetzt in einem Cafe am Hafen, das Internet-Anschluss hat. Es wird von Schweden geführt und hängt voller Segler-Utensilien. Jens regelt gerade die Formalitäten. Im TV ist Fußball (Chelsea gegen Bremen). Morgen spielt HSV gegen Arsenal. Vielleicht bleiben wir doch noch?

Auf jeden Fall grüßen wir Euch sehr lieb.

Geli und Jens