Marina San Miguel (Teneriffa), 19. September 2006
Montag, 25. September 2006Seit Samstagabend sind wir also auf Teneriffa. Die Insel ist auf den ersten Blick angenehmer fürs Auge, viel grüner, die Berge wesentlich weniger schroff, die Bebauung nicht so brutal wie auf Gran Canaria. Dafür ist das Wetter nicht so beständig, eigentlich haben wir bisher viele Wolken, wenig Sonne und auch öfter Regen gehabt.
Unseren ersten Hafen hier (Poris de Abona) haben wir Sonntag gegen Mittag wieder verlassen. Wir sind nicht mal an Land gegangen, da war wirklich nichts los. Das Segeln bis zum Punta Roja war kurz und angenehm, hinter dem Punta Roja erwartete uns eine schöne kleine Ankerbucht vor einem kleinen Strand mit vorwiegend einheimischem Badebetrieb. Insgesamt ein sehr geeigneter Ort zum Ausruhen, das Geschaukel hielt sich zumeist in Grenzen. Montag hat es erstmal richtig geregnet, so dass wir beschlossen, einfach unter Deck zu bleiben und abzuwarten. Wir haben fast den ganzen Tag gelesen und ich habe das Urlaubsgefühl genossen, nichts tun und nirgendwohin zu müssen.
Nachmittags klarte es auf und wir fuhren mit dem Dinghy an Land, um den Berg zu besteigen. Er besteht aus rotem (Tuff-?)Gestein und ist mit wenigen Kakteen und vielen Sukkulenten (Fetthennengewächsen) bewachsen. Es war keine sehr anspruchsvolle Wanderung, aber ich war doch froh über meine alten Joggingschuhe, die meinen Füßen festen Halt gaben. Oben hatten wir einen herrlichen Blick auf das Wasser, den Flughafen von Teneriffa, die seltsamen braunen Gewächshäuser direkt daneben, Baukräne und andere Errungenschaften der Zivilisation, während zu unseren Füßen Eidechsen spielten.
Heute morgen bin ich zum ersten Mal vor Sonnenaufgang (d.h. vor 8) aufgestanden. Die Sonne schien herrlich und wir konnten den Gipfel des Teide (3700m) ganz und gar sehen. Als ich mit meinem Müsli in der Plicht saß, tat es mir fast ein bisschen leid, diesen romantischen Ort zu verlassen, aber ich hatte auch Sehnsucht danach, mal wieder an Land zu gehen oder mir einen Kaffee zu kochen, ohne Jens erst um Hilfe bitten zu müssen und mir die Haare unter einer richtigen Dusche zu waschen.
Wir gingen also Anker auf und fuhren unter Motor ca. 4 sm in den nächsten richtigen Hafen ein. Diese Marina San Miguel liegt in einem neu angelegten Feriengebiet mit einem großen Golfplatz. Eigentlich ist das Ganze eine riesige Baustelle mit entsprechendem Lärm. Aber so weit waren wir noch nicht, das im Einzelnen festzustellen. Zunächst machten wir an einem Ponton fest, den Jens für den „Reception-Ponton“ hielt. (Das ist hier so üblich, dass man da erst mal festmacht und sich dann vom Hafenmeister den richtigen Platz zuweisen lässt.) Es war nicht so gedacht, aber der Hafenmeister kam mit einem Elektro-Auto angedüst (bei uns im Norden fahren die immer Fahrrad!), sprach sogar Englisch und forderte uns freundlich auf, ihm zu folgen. Er wartete dann bereits mit einem anderen jungen Mann auf dem Steg und nahm die Leinen an, die wir ihm nach und nach reichten. Ich muss schon sagen, so ein Anlege-Manöver mit Personal entspricht schon eher meinen Vorstellungen, als zitternd mit einer Leine an der Reling zu stehen und darauf zu warten, was ich diesmal wieder falsch gemacht habe. Da will ich dann gern mal 20 € blechen, zumal wenn die sanitären Einrichtungen auch noch so pük sind wie hier.
Dieses Luxus-Gefühl konnte ich allerdings nicht lange genießen. Während wir in den Hafen hinein fuhren, sahen wir vor uns an der Pier viele Menschen, Polizei- und Krankenwagen. Ein Unfall? Nein, es waren Boat-People aus Afrika, die offenbar eine Stunde vor uns in einer Nussschale mit 55 Personen aus Westafrika gekommen waren. Große, sehr schwarze junge Männer (aus dem Senegal, vermuteten wir), sie waren angeblich 12 Tage auf See gewesen. Sie wurden mit Wasser und einem Rotkreuz-Beutel versorgt und um 10 nach 12 (d.h. 100 Minuten nach ihrer Ankunft) mit einem Reisebus weggefahren. Was wir nicht mit eigenen Augen gesehen haben, erfuhren wir von unserer englischen Nachbarin, die erlebt hatte, wie das Boot um 10.30 in den Hafen kam. Sie lobte die perfekte Organisation der Spanier. Wir hatten all die Tage genug Flugzeuge und Hubschrauber der Luftaufklärung gesehen, zu irgendwas muss das ja gut sein. Wir waren beide sehr verstört, mussten allerdings auch immer wieder hingucken…
Als der Bus weg war, sind wir bald an Land gegangen, um uns ordnungsgemäß beim Hafenmeister zu melden. Da waren doch tatsächlich drei Personen eine halbe Stunde mit unserer Einklarierung beschäftigt. Wir sind EU-Bürger, Mann! Aber wir haben ganz geduldig abgewartet, ich habe inzwischen den Müllcontainer gesucht und die Duschen und die eine oder andere Baustelle inspiziert und mich dabei gefragt, ob wir wirklich zwei Tage bleiben wollen. Das wollen wir, weil wir noch einen Bus-Ausflug unternehmen möchten und dafür ist es besser, wenn das Schiff richtig im Hafen liegt und nicht vor Anker.
Ein kleiner Rundgang an den fertigen Gebäuden vorbei zeigte uns die Kunstwelt, in der die Leute so Ferien machen: Hotels, Appartements, Restaurants (italienisch, mexikanisch, chinesisch, Paella, kein Sauerkraut, aber auch keine Tapas), Pools, Golfplatz, 2 kleine Supermärkte. Nichts, aber auch gar nichts Natürliches, was auf einheimisches Leben hindeutet. Das Beste und das Einzige, was ich im Moment wirklich brauche, ist das saubere WC beim Hafenbüro. Und vielleicht das Internet-Cafe, gell?
Wenn uns nicht morgen auf unserer Bustour (Jens hat sogar erwogen, eine „Butterfahrt“ mit Müller-Reisen mitzumachen!!!) nicht irgendein Ort ganz besonders anspricht, dann wollen wir von hier aus weiter nach Gomera. Das hat Francois von Anfang an gesagt, dass wir das machen sollen.
Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht und grüßen Euch mit einem fröhlichen ole
Eure Geli/Mama und Jens/Papa